Eine für alles: Die neue Bauvorschrift LTF UL 2019

Die neue Bauvorschrift vom 15.01.2019 wird primär unter dem Aspekt der Erhöhung des MTOW auf 600 kg betrachtet. Als logischer Schritt, die UL-Klasse näher zur oder fast schon in die General Aviation zu bringen.

Viele Freunde der 120 kg – Dreiachser haben diese Neuerung daher gar nicht beachtet, „weil uns das nicht betrifft“. Doch das ist zu kurz gegriffen. Die Neufassung könnte aus der 120er-Klasse eine medicalfreie Zone mit anspruchsvollen High-Tech – Geräten für besonders Begüterte machen:

Die neue Bauvorschrift unterscheidet nicht mehr zwischen Ein- und Zweisitzern. Für beide gilt 600 kg MTOW.

Sie unterscheidet nicht zwischen LL und UL: Theoretisch könnte ein Dreiachser mit 600 kg MTOW als LL zugelassen werden, wenn das Leergewicht 120 kg beträgt.

Und das ist keine Theorie: Jedes Dreiachs – LL darf eine auf 83 km/h erhöhte Vmin aufweisen.

Konstruktiv sind also in Zukunft einsitzige Stummel-Flügler mit Laminarprofilen LL-fähig, die bei 100 km/h zu fliegen aufhören, locker eine Vmax von zb. 230 km/h erreichen, mit Klappen unter idealbedingungen eine Vmin von 83 km/h einhalten und dank einer Menge „Kohle“ im doppelten Wortsinn vielleicht ein MTOW von 330 kg ermöglichen (120 kg leer flugfähig mit Minimalausstattung, 30 kg persönliche Ausrüstung, 20 kg Gepäck, 60 kg Sprit, 100 kg Pilot).

Das muss technisch kein Traum bleiben: Eine medicalfreie Mini-Pitts als 120 kg -LL.

Finanziell dürften solche Flieger allerdings in der Liga ab 90 oder 100 TSD Euro angesiedelt sein. Also noch einen Tick teurer als der „Corsair“ von Jörg Hollmann, dafür aber mit spektakulär besseren Flugleistungen. Kurz: Eine LL – Pitts dürfte in greifbare Nähe rücken. Und die wäre – verglichen mit dem Original – trotz dieses Preises ein echtes Schnäppchen.

„Teuer“ oder „angemessen“ ist eben eine Frage des Blickwinkels. Von oben nach unten oder von unten nach oben. Und wenn man die größeren Brüder anschaut, spielt die Musik bei den teuren Geräten am lautesten.

Werden die wirklich leichten und langsamen Einfachflieger zu untoten Wiedergängern auf den Flugplätzen?

Was wurde an Neuentwicklungen in Sachen Einfach-Flieger auf der letzten AERO gezeigt? Wie viele LL – Hersteller haben im nennenswert zweistelligen Bereich Flieger ausgeliefert?

Welcher Zulieferer hat sich die Mühe gemacht, einen standfesten Viertakter Einzylinder anzubieten, der deutlich leichter ist als der inzwischen bewährte B+S (wenn er vom richtigen / bewährten Tuner kommt). SWAN und RELAX tun sich z. B. recht schwer im Markt mit dem Polini 250er Zweitakter.

Bei den LL -Dreiachsern der einfachen Bauweisen und der geringen Geschwindigkeiten ist vielerorts der frühere Schwung einer Stagnation oder gar Resignation gewichen – sehen wir einmal von Roman Weller und seinem Kultflieger „Rebell“ ab. Und dieser Blog, der sich primär dem wirklich leichten Fliegen verschrieben hat, konnte bei diesen Geräten fast nichts Neues vermelden. Dies ist der erste Beitrag nach fast einem halben Jahr. Ich muss mich fragen: Was habe ich verpasst, worüber ich im Interesse der Einfachflieger hätte berichten müssen?

Sind nicht die kleinen Trikes von Natur aus die besseren „wirklich leichten Flieger“?

Mit einer Leergewichtsbegrenzung von 120 kg kann man wunderbare kleine, einsitzige Trikes bauen, denen es an nichts fehlt. Und Sie entsprechen von Natur aus dem begrenzten Geschwindigkeitspotential, das in der Low + Slow- Szene erwünscht ist. Und das alles kann man neu zu Preisen ab 15.000,- Euro erstehen und preiswert zusammengefaltet hangarieren oder heimwärts in den Carport trailern. So wundert es auch nicht, dass trotz des rückläufigen Interesses an großen Trikes die leichten 120 kg – Modelle einen Aufwind verzeichnen können.

Nur die Fläche entfalten und nach dem Flug zusammenfalten – das ist für den Gelegenheits – Genussflieger mit 30 bis 40 h im Jahr zumutbar. Das halbiert die Hangarkosten. Oder spart sie ganz, wenn per Trailer ein Unterstellplatz angefahren werden kann

Doch obwohl ich mit den Trikes nur geliebäugelt und mir – noch keine Trike-Lizenz – wieder einen Dreiachser angeschafft habe, gehören die Trikes in vorderster Linie zur Philosophie dieses Blogs. Und falls ich hier wieder öfter berichten sollte, dann nur im Verbund mit 120 kg -Trikes. Und zwar schwerpunktmäßig, falls die 120er -Klasse den gleichen Weg nimmt wie die großen UL.

Das bedeutet, dass der ganze Blog umgebaut und umgeschrieben werden muss. Wäre toll, wenn sich ein Trike-Pilot fürs Mitgestalten interessieren würde.

Oder was meint Ihr? Lieber stillschweigend einstampfen? Beste Grüße, Mike

Die „Corsair“ von Jörg Hollmann ist in der Serienfertigung. Chapeau!

Da kann man wirklich nur den Hut ziehen: Jörg Hollmann hat es tatsächlich geschafft, das für ein Leichtes Luftsportgerät extrem komplexe Projekt „Corsair“ erfolgreich ins Ziel zu steuern. Bravo! Denn nicht nur die Fertigungs-Technologie dieses beispielhaften Leichtbaus musste teilweise völlig neu entwickelt werden, auch die wirtschaftlichen Aspekte waren eine besondere Herausforderung. Es ist wirklich nicht einfach, mit einer neu gegründeten Firma die jahrelange „Durststrecke“ von der Projektidee bis hin zur Einrichtung der Serienfertigung zu überstehen.

Die erste Corsair bei Ihrem Erstflug. Den führte übrigens kein Testpilot durch, sondern der Konstrukteur persönlich. Nochmals Chapeau! Seither waren im Rahmen der Flugerprobung noch etliche Verbesserung möglich, die alle auch noch in die Nr. 1 der Serie einflossen.

Und hier darf man von einer echten Serienfertigung sprechen: Alle Bauteile werden in den endgültigen Serienformen gebaut und per CNC Fräse endbearbeitet, wodurch sich die Qualität und Reproduzierbarkeit deutlich erhöht. Auch alle Beschläge, Bolzen, etc. werden jetzt auf CNC-Maschinen gefertigt.

Im Rahmen der Erprobung kam es zu etlichen Änderungen und Verbesserungen, die alle auch noch in die Seriennummer 1 einfließen konnten: Hydraulische 4-Kolben Scheibenbremsen statt der ursprünglichen Trommelbremsen. Von der Cowling bis zur Windschutzscheibe erhielt die Corsair auf der Rumpfoberseite eine runde Faserverbundschale. Der Rumpfrücken ist jetzt ebenfalls aus CFK .

Dadurch sieht der Flieger nun deutlich gefälliger aus als mit der Bespannung. Und da nicht nur junge, sportliche Piloten die Corsair kaufen werden: Die Führungen für die Schiebehaube sind jetzt in die Rumpf-Seitenwand integriert, wodurch der Einstieg etwas komfortabler wird. Feinschliff schon bei den kleinen Details: Die Cockpit-Panels werden jetzt direkt bedruckt und anschließend mit Epoxidharz laminiert.

Die wohl wichtigste Verbesserung gelang am 3-Zylinder V-Motor von Verner: Er bekam eine neue Zündanlage mit Hallgebern, was den Motorlauf deutlich gleichmäßiger gestaltet – ohne auf das urige „Bollern“ zu verzichten.

So zieht Jörg Hollmann nicht ohne einen gewissen, berechtigten Stolz dieses Fazit: „Insgesamt haben wir jetzt eine Serienreife erreicht, bei der die Qualität, Passgenauigkeit und – falls erforderlich – auch Austauschbarkeit der Einzelteile gewährleistet ist.“

Da wundert es nicht, dass dieser technisch wie optisch herausragende Flieger von den aktiven Lesern des Fliegermagazins für den AWARD 2019 der besten Neuerscheinung in der Rubrik Ultraleichtflugzeug vorgeschlagen wurde. Die Seriennummer 1 ist wird auf der AERO 2019 präsentiert und nach der Messe ihrem Besitzer übergeben.

Halle A5, Stand 305 bei AirBP

Jörg Hollman hat schon ein angenehmes Polster an Bestellungen. Baunummer 2 geht schon bald in die USA und wird voraussichtlich in Oshkosh für Furore sorgen. Kein Zweifel: Wenn es keine Rückschläge gibt, ist die Corsair neue Benchmark in der LL-Klasse. Leider auch im Preis. Aber offensichtlich gibt es doch etliche Piloten, denen es etwas wert ist, auch in der kleinen Klasse einen Oberklassen – Flieger zu besitzen. Wollen wir Jörg Hollmann wünschen, dass das so anhält. Die LL-Klasse wäre ohne diesen extremen Flieger jedenfalls um sehr viel ärmer.

https://www.jh-aircraft.de

Alterspyramide zeigt: Erfreuliche „Katharsis“ der 120 kg – Piloten.

Im Kopfkino der Kritiker der kleinen Klasse und der verantwortlichen Ministerialbeamten spielte sich vor sechs bis acht Jahren rund um die Installation der 120 kg – Dreiachser ganz Fürchterliches ab: Halb erblindete Piloten-Greise, die sich im Alter nicht mit Anstand von der geliebten Fliegerei verabschieden können, entern mit Hilfe eines Rollators und der Ehefrau ihre leichten, aber ausgefuchst konstruierten Fluggeräte, um dann mit 180 bis 200 km / h quer durch deutsche Lande den Luftraum unsicher zu machen.

Und in der Tat: Auf der Aero und bei den damals ganz wenigen 120 kg – Flugzeugbauern tauchten vereinzelt Gestalten auf, bei denen dieses Horror-Szenario Realität zu werden drohte. Überhaupt fand die neue LL-Klasse zunächst gerade bei den älteren Semestern hohen Anklang.

Die Senioren sorgten bei den LL-Dreiachsern für ein fragwürdiges Image.

Das war der signifikante Unterschied zu den gewichtskraftgesteuerten LL, den kleinen Trikes und insbesondere den Motorschirmen, wo sich mehrheitlich junge Piloten zuhause fühlten. Bei der Senioren-Sektion der Dreiachser  gab es außerdem noch eine finanziell potente Untergruppe von Piloten, die zwar in Zukunft einen großen Bogen um den Fliegerarzt machen, aber trotzdem weiterhin so schnell und dynamisch wie möglich mit einem kleinen 120er – Flieger unterwegs sein wollten. Koste es, was der Flugzeugbauer dafür auch haben wollte. Leider hat diese kleine, aber medial „hervorragende“ Untergruppe von Piloten und potenziellen Herstellern  lange Zeit das Bild der 120er negativ geprägt. Und zwar unnötig. Denn diese Gruppe wurde herb enttäuscht und dezimiert.

Erstens: Bekanntlich machten es die spät verabschiedeten Bauvorschriften über etliche Jahre so gut wie unmöglich, mit maximal 25 kg Flächenbelastung und einer Vmin von 55 km/h ein schnelles, dynamisches Gerät zu bauen. Zweitens: Die ersten praktischen Erfahrungen mit dem Bau von 120 kg – Konstruktionen zeigten, wie schwierig es ist, selbst einfachere, nicht leistungsorientierte Modelle innerhalb der 120 kg – Grenzen in sicherer, verlässlicher Ausführung zu bauen. Drittens: 99 Prozent aller eifrigen Disputanten, Konstrukteure und Aufsichtsbeamten hatten damals keinerlei Ahnung bzw. praktische Erfahrung, wie sich ein 120er fliegt. Es gab ja fast keine.

Die  Wogen sind geglättet, die Spreu vom Weizen hat sich am Markt getrennt.

Heute haben wir dagegen endlich in Sachen Bauvorschriften eine „politisch“ weitgehend entspannte Situation und wir haben auch einige Jahre praktische Erfahrung mit zumindest drei ausreichend verbreiteten Mustern gesammelt (Siehe „Hoffnungsträger“ 1-3). Und so langsam bekommen alle aktiv Beteiligten eine realistische Vorstellung davon, wozu und für wen die kleinen Flieger gut sind. Und für wen eben nicht. All das hat zu einer aus Sicht des Verfassers erfreulich geschichteten Alterspyramide der 120er-Interessenten geführt, wie sich das an den Besuchern dieses Blogs nachzeichnen lässt (Grafik und Prozente aus 6 Monaten Mitte 2018, Messung über „Adsense“):

Durchgängig stärkste Lesergruppe sind die 45- bis 54-Jahrigen. Also „Männer im besten Alter“ (In der Leserschaft gibt es leider so gut wie keine Frauen). Sorge wegen des Medicals hat dieser Gruppe kaum.

 

Weniger als 12 Prozent der LL- Dreiachser-Interessenten sind über 65.

Zusammen mit den noch 35- bis 44-Jährigen und den 25- bis 34-Jährigen bilden die 45 bis 54-jährigen mit fast 70 Prozent eine für Dreiachser-Flieger erfreulich junge, breite Basis. Anders gesagt, wenn wir nun auch die Gruppe 55 bis 64 Jahre einschließen: Über 88 Prozent der Leser bzw. Interessenten sind unter 65, nicht einmal 12 Prozent sind über 65. In manchem Verein ist das  ziemlich anders….

So weit, so gut. Wenn aber fast 90 Prozent derer, die sich für LL-Dreiachser interessieren, zum allergrößten Teil statistisch keine Angst vorm Fliegerarzt haben müssen: Worin liegt dann die Motivation, einen extrem kleinen und leichten Flieger zu besitzen?

Da wäre natürlich das ganze, über die Medical-Freiheit weit hinausgehende  Bündel  an Bürokratie-Freiheit zu nennen. Man bekommt nicht von irgendwelchen Institutionen gesagt, was, wann und wie zu tun ist. Nur das Ergebnis zählt: Pilot und Gerät müssen lufttüchtig und der Pilot ausreichend in fliegerischer Übung sein. Aber niemand kontrolliert oder gängelt. Es gibt keine „Übungs-“ sprich Überprüfungsflüge. Halter und Pilot agieren hundertprozentig eigenverantwortlich. Das gefällt gerade auch den Jüngeren.

Das „wahre“, ursprüngliche Fliegen mit einem Hauch von Abenteuer.

Doch es muss vor allem auch der Reiz des ursprünglichen, „echten“ Fliegens in den kleinen Kisten sein. Es hat sich herumgesprochen, dass so leichte, kleine Flieger keine gute Wahl für ältere Herrschaften sind, die in Ruhe, möglichst einfach und ohne besonderere Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit etc. ihren fliegerischen Lebensabend zubringen wollen. LL- Flieger wie der Rebell oder die SD-1 verlangen spezielles und teilweise auch größeres fliegerisches Können als viele große UL oder gar E-Klasse – Flieger wie Cessna 152 oder 172. Ein LL -Pilot wird beim Umsteigen auf eine  Cessna rein fliegerisch schnell zurecht kommen. Ein Cessna-Pilot, der noch nichts nichts anderes geflogen hat, wäre in einem LL  ohne zusätzliche, vorbereitende Schulung in Lebensgefahr.

Allgemein darf man sagen: Je schwerer ein Flugzeug in der Gruppe der „kleinen“ Einmotorigen bis etwa 800 kg Leergewicht ist, desto leichter ist es zu fliegen. Insbesondere bei starker Thermik und ungewissen Windverhältnissen. Gekränkte E-Klasse – Piloten mögen jetzt mit Steinen nach mir werfen. Als ehemaliger Cessna- und Piper – Pilot in jungen Jahren, der sich in fortgeschrittenem Alter konsequent bis zu minimalistischen Spornrad-Geräten „heruntergearbeitet“ hat, kann und darf ich das aus eigener Erfahrung sagen. Zumal mir das von Fliegerfreunden mit extrem hoher Erfahrung auf unterschiedlichsten Mustern bestätigt wurde.

Kurz: Gerade auch den Jüngeren vermitteln die extrem leichten Geräte, die fliegerisch eine gewisse Sportlichkeit voraussetzen und intensivere sowie feinfühligere Arbeit am Knüppel abverlangen, ein Quäntchen Abenteuer. Sozusagen das Salz, das  in der Suppe der „Transport-Flieger“ fehlt. Genauer: Fehlen muss. Denn wenn die Reise von A nach B die Aufgabe ist, dann sind die intensiven Reize und Anforderungen, welche ein LL in jeder Flugminute liefert, natürlich nur lästig. Insbesondere die rigorose Forderung beim LL-Fliegen, konsequent immer ein Auge auf ein geeignetes Notlandefeld zu haben. Fast keiner meiner LL-Fliegerfreunde konnte, genau wie ich selbst, ungewollte Segelflug-Landungen wegen Motorproblemen vermeiden. Dieses Quäntchen Abenteuer, das technisch nicht hundertprozentig Perfekte, zusammen mit dem ursprünglichen Erleben, sich mit einfachsten Mitteln in der dritten Dimension zu bewegen, das macht für viele Piloten die Faszination der kleinsten aller Flieger aus.

„Mit einfachsten Mitteln“ bedeutet natürlich aber auch: Spürbar preisgünstiger als die sonstige (recht teure) Fliegerei mit Motor-Dreiachsern sollte das schon sein. Und damit ergibt sich die entscheidende Weichenstellung für die rund 90 Prozent aller LL-Interessierten, die kein Problem mit dem Medical haben, durch diese Frage:

Wie viel darf der spezielle „Kick“ des LL-Fliegens kosten?

Für 35.000 Euro bekommt ein junger Familienvater einen guten gebrauchten Doppelsitzer mit zuverlässigem Rotax 912. Damit kann er sehr viel sorgenfreier und auch einmal weiter weg fliegen. Ganz zu schweigen davon, dass die bessere Hälfte jederzeit  als Co-Pilotin das Flugerlebnis teilen kann.

Anders gesagt: Um stattdessen für 35 TSD Euro einen neuen einsitzigen Rebell mit kleinem Industriemotor zu kaufen, muss die Begeisterung für den speziellen „LL-Kick“ schon recht groß sein. Das wird erst dann etwas besser, wenn kleine LL – Flieger in etlichen Jahren für 15 bis 18 TSD Euro gebraucht zu haben sind.

Und ein großes Fragezeichen steht im Raum, welche Altersgruppe wohl ein tolles, aber immerhin über 70.000 Euro teures Hochleistungs – LL wie den „Corsair“ von Jörg Hollmann kaufen wird. Ein junger Pilot mit gültigem Medical wird fürs gleiche Geld bei den UL praktisch neuwertige Flieger kaufen können, die nochmals deutlich schneller und dynamischer sind. Wer also besondere Flugleistung sucht und 70 TSD Euro in ein High-Tech-LL statt in ein schnelles UL investiert, ist wohl schlecht beraten. Richtig Sinn macht ein so teures LL wohl nur für jene, die auch ohne Medical möglichst schnell, hoch und weit unterwegs sein wollen. Siehe oben, Stichwort Rollator.

Was für jüngere Leute fehlt, ist auf der anderen Seite der Angebotspalette ein einfaches, besonders preiswertes und trotzdem auch emotional ansprechendes Lowe + Slow – Fliegerchen.  Neu für maximal 20 TSD Euro. Trotzdem möglichst mit einem kleinen Viertakter. Und – natürlich, das ist dann ein Muss – mit Klappflügeln. Finanziell betrachtet, die fliegende Alternative zu einem schweren Motorrad. Ein Spaß-Gerät ohne Strecken-Ambition, das im eigenen Carport oder in der Garage ohne monatliche Stellplatzkosten unterkommt.

Das gibt es schon. Aber leider nur bei den gewichtskraftgesteuerten LL. Über die möglichst bald nach diesem Zwischenruf hier berichtet wird.

Zwischenbilanz zur 120 kg – Klasse. Die Hoffnungsträger (3)

Dritter Hoffnungsträger: Roman Wellers Kultflieger „Rebell“

Roman Weller, der ungekrönte König der 120 kg – Klasse, mit seinem Erfolgsmodell, dem zum Kultflieger geadelten Uli V3 Rebell.

Bestimmt grummelt jetzt der eine oder andere vor sich hin, dass ich in Sachen „Rebell“ und Roman Weller wohl etwas befangen sei. Meine Antwort: Na klar! Jeder darf es wissen: Ich bin wahrscheinlich sogar der am meisten Befangene unter allen Rebell-und Roman-Fans! Die Story:

Im Jahr 2010 – die 120er Dreiachser gab es damals mangels Bauvorschrift nur theoretisch – überredete des umtriebige „Nordlicht“ Siegfried Lanitz den öffentlichkeitsscheuen „Schwaben-Tüftler“ Roman Weller dazu, seinen offenen „Uli“ mit Lanitz – Oratex zu bespannen und dann bei Ihm auf dem großen AERO -Messestand auszustellen.

Uli V1: Der Vater des Uli V3 „Rebell“

Roman Weller hatte die Rechte an der Uli-Konstruktion schon vor längerer Zeit von Egon Scheibe gekauft und das Gerät für die erwartete 120er-Klasse abgespeckt. Dabei hatte er auch eine neue, einfachere und unkritische Fläche konstruiert. Eine unwichtige Historie für heutige Rebell-Interessenten? Nicht wirklich: Die „Gene“ der Stahlkonstruktionenen von Egon Scheibe sind Roman Weller ins Blut gegangen und bis heute in den Rümpfen aller Ulis auf den ersten Blick erkennbar. Typischer O-Ton beim Reinschauen: „Mööönsch! Das sieht ja genau aus wie in einem Scheibe SF 25 Falken!“. Stimmt. Und für Roman, den begnadeten Schweißer, ist natürlich nur solider Stahl das Material der Wahl.

Spontankauf 2010: Der erste Uli V1 für die kommenden Hunderzwanziger. Das spätere LL musste aber mangels Bauvorschriften erst noch zwei Jahre als „großes“ UL zugelassen werden.

Das Schicksal wollte es, dass ich auf der Messe über den offenen Uli stolperte und ihn mir, wie Roman das nannte, „anzog“. Will sagen, ich setzte mich hinein. Das wars:  In Sekunden trennte ich mich innerlich von meiner damaligen Rans S7 Courier. Und da ich spürte, dass Roman ein durch und durch seriöser, gewissenhafter Anbieter ist, nötigte ich ihn, da er sich zierte, mit mir sofort einen Kaufvertrag aufzusetzen. So flog ich den ersten „120er“. Und fand die Leichtigkeit der neuen Klasse einfach klasse!

Der UL -Rebell mit 175 kg Leergewicht. Eine der frühen Konstruktionen von Roman Weller.

Trotz aller Begeisterung saß ich aber schon bald Roman mit der Bitte im Genick, einen richtigen kleinen Spornradflieger mit Zugpropeller und mehr Wetterschutz zu bauen. Nach einiger Zeit kam seine Frage zurück, ob „so etwas“ wie sein früher gebauter, größerer Rebell vielleicht interessant wäre. Siehe Foto. Diese Form könne er nach seinen überschlägigen Berechnungen mit den Flächen, dem Pendelruder-Leitwerk, dem Viertakter B+S und dem Fahrwerk meines Uli innerhalb des 120 kg – Limits bauen. Die Neukonstruktion betraf also in erster Linie den Rumpf und die Motoraufhängung. Die Flächen würden so weit gekürzt, dass die 55 km/h Vmin der zu erwartenden Bauvorschrift ohne Klappen gesichert blieben.

Ich war natürlich Feuer und Flamme und versicherte Ihm, dass dieser Flieger etliche Freunde finden würde. Zum Beweis, dass ich das nicht nur daherrede, und damit er tatsächlich den Entschluss zum Bau fasst, bestellte ich bei ihm kurzerhand die Baunummer 1.  Ich wollte einen größeren Batzen anzahlen und einen Vertrag zu seinen Gunsten ohne Rücktrittsrecht für mich machen. Aber er roch natürlich sofort den Braten, dass er dadurch in der Pflicht wäre – was er gar nicht mag. Statt Vertrag bekam ich bald eine erste Skizze, welche die Proportionen des späteren Prototypen schon sehr genau traf.

Auch mit Blick auf den neuen Flieger hatte Roman Weller noch immer nichts übrig für Werbung, Marketing und teure Messe-Präsenz auf der AERO (Das hat sich auch bis heute nicht geändert). Aber unser damals neu gegründeter 120 kg Motor – Verband

Der urige Rebell-Prototyp auf der AERO 2013. Hamsterbacken und fette Radverkleidungen. Und natürlich mit einem edlen, von Roman persönlich  handgeschnitzen Propeller!

VMLL (Heute DVLL zusammen mit den 120 kg – Segelfliegern), organisierte einen recht großen Gemeinschaftsstand, auf dem die kleinen Flieger Flagge zeigen sollten. Ich bettelte, und Roman erlaubte mir, „meinen“ noch nicht ganz fertigen Rebell-Prototypen auf meine Kosten auszustellen. Er sorgte für Transport, Auf- und Abbau. Und am Abend vor dem ersten Messetag kam er mit dem in letzter Sekunde bespannten Prototyp auf den Stand. Das Echo war sehr positiv. Der Nachweis, dass man einen richtigen kleinen Parasol- Flieger im Stil der Zwanziger Jahre in die 120 kg – Klasse hinein konstruieren konnte, war für viele motivierend, um sich für die kleine neue Klasse zu interessieren und auch in dem neuen Verband unterstützend beizutreten.

Das Weller-Monopol: Echte „Leichte Luftsportgeräte“ mit Prüfung nach der speziellen LL – Bauvorschrift LTF-L

Derweil tickte die Uhr für eine Lufttüchtigkeitsprüfung des Fliegers entsprechend der inzwischen gültigen Bauvorschrift für Leichte Luftsportgeräte, kurz LTF-L. Denn nur bis Ende des Jahres 2013 durfte das Luftsportgeräte-Büro des DAeC diese Prüfung abnehmen. Danach forderte das neu verabschiedete Luftrecht zertifizierte Prüfstellen durch die DAkkS – (Deutsche Akkreditierungs-Stelle Berlin).

Bei der Flugerprobung des Prototypen für die Musterprüfung: Roman Weller und Professor Achim Merklinger, der im „Nebenberuf“ bis heute Testpilot bei Roman Weller ist.

Nur die sorgfältig vorbereitetete  „Flugzeugmanufaktur“ von Roman Weller schaffte es mit unglaublichem Zeit- und Energie-Einsatz als einziger Hersteller, alle Nachweise entsprechend der sehr anspruchsvollen Bauvorschrift termingerecht zu erbringen. Und da es niemals eine zertifizierte Prüfstelle für LL-Dreiachser geben wird, weil die für die Einrichtung erforderlichen 80.000 Euro plus Zehntausende Euro an Folgekosten niemand bezahlen will und kann, werden die Ulis von Roman Weller, als da sind  V1, V2 (abgestrebte Fläche wie Rebell) und Uli V3 Rebell, die einzigen Muster bleiben, die „original“ leichte Luftsportgeräte sind, wie das Ministerium es vorsah. Spitze Zungen sprechen daher bei den LL-Dreiachsern auch mal von der „Roman Weller -Klasse“. Denn alles, was seither als LL eingetragen wurde, fand und findet seinen Weg bekanntlich nur über eine „normale“ UL-Zulassung eines europäischen Landes. Die wird – nach langem, aber am Ende vergeblichem Sträuben des Ministeriums – ersatzweise als Voraussetzung anerkannt, den Flieger als LL eintragen zu lassen. Einzige Einschränkung: Das Gewicht muss im 120 kg -Limit bleibt. Die Forderung nach einer Vmin von 55 km/h und einer maximale Flächenbelastung von 25 kg / qm sind seither Makulatur, ebenso die Begrenzung des Tankinhalts.

Wie bei Monopoly: gehe zurück auf „Los“

Einfältig wie ich war, dachte ich, dass ich nun endlich, da die LL-„Zulassung“ erfolgreich durchlaufen war, meinen Rebell bekomme. Stattdessen erzählte Roman etwas davon, dass die Bespannung bei den Flugerprobungen unter den widrigen Bedingungen gelitten hätte und dass noch ein paar Kleinigkeiten zu machen seien. Sprach’s und begann, „meinen“ Flieger, an dem ich aber noch keinen Euro bezahlen durfte und über den ich daher auch keinerlei Verfügungsrecht hatte, nochmals komplett zu zerlegen.

Herbst 2014: Der frisch ausgelieferte Prototyp. Der erste „richtige“ kleine Flieger in der neuen LL-Klasse. Mit sonorem, zuverlässigen Viertakter auf Basis B+S und einer Reisegeschwindigkeit von 90 bis 100 km/h.

Ich hätte es wissen müssen. Nur ein Kaufmann hätte mir den Prototypen hingestellt und Geld kassiert.  Der Perfektionist und Ehrenmann Roman Weller wollte meiner Nummer 1 all die kleinen und größeren Änderungen und Verbesserungen angedeihen lassen, die ihm und seinen Mannen noch eingefallen waren und die sich aus der Flugerprobung heraus ergeben hatten.  Das war eine ganze Menge. So saß ich dann erst im September 2014 glücklich in einem Flieger, den ich endlich bezahlen durfte und der mit dem Messe-Exponat nicht mehr vergleichbar war: Neue Cowling, neues Panel, kleinere Radkästen, neue, hydraulische Bremsanlage,  verkleinerte Radschuhe,  neu konstruierter Container für das Rettungssystem, Tankanzeige mit Schwimmer statt Schlauch am Panel und dutzende weiterer kleiner Verbesserungen und Veränderungen.

Nach der Auslieferung ist vor der Auslieferung

Zwei Jahre waren vergangen seit den ersten Entwürfen, und in großem Fleiß hatte die kleine „Flieger-Manufaktur“ fortlaufend auch im kleinsten Detail immer wieder Verbesserungen einfließen lassen oder auch Fehlerquellen in der zugekauften Peripherie oder beim Antrieb zu eliminieren.

Der Ausflug in die Welt der Sternmotoren ist beendet: Mein Hallennachbar „verbrauchte“ an seinem Rebell vier (!) Verner 3-Zylinder – Exemplare. Dann rüstete er auf Briggs + Stratton um und ist nun sehr zufrieden.

Diese zugegeben etwas zu lang geratene Story soll jedem LL-Interessenten zeigen, wie langwierig und mühsam es ist, aus einem guten Flugzeugentwurf erst einen guten Prototypen und dann ein wirklich gutes Flugzeug zu machen. So dauerte es nochmals rund 2 Jahre, bis Roman Weller den heute gesicherten, gleichbleibenden Qualitätsstandard erreicht hatte. Dazu gehörten auch ein Wechsel des Tuners, ein

Wechsel des Rettungssystems und das „Outsourcen“ einiger Leistungen, die vorher intern erbracht worden waren. Die wunderbaren, aber technisch und im Herstellungsaufwand nicht optimalen Holzpropeller wurden durch – wieder viel Abstimmungsarbeit – sehr gut angepasste Helix-Propeller ersetzt. Weniger versierte und nicht so stark engagierte Hersteller werden für solche  Reifeprozesse sicher ein bis zwei Jahre länger brauchen.

Der Rebell setzt heute für alle Mitbewerber in Sachen Qualität und Langzeiterprobung die Latte extrem hoch. Ralph L. hat auf seinem Exemplar inzwischen über 500 Stunden geflogen (Siehe die Blog-Beiträge vom 30 Juli und 8. Oktober 2017).  Und als ich die Installation des Antriebs und die geänderte Motorhalterung am neu eingerüsteten B+S bei meinem Hallennachbarn sah, fand ich kaum noch Ähnlichkeiten zu meiner Baunummer 1. Kurz: Wer heute einen Rebell ordert, bekommt einen extrem ausgereiften und betriebssicheren Flieger. Was in der LL-Klasse leider immer noch die Ausnahme ist.

Der Rebell: Kultflieger mit Charakter und Stil

Zwei Eigenschaften des Rebell haben diesen Flieger wohl so erfolgreich gemacht, dass er schon längst im zweistelligen Bereich fliegt und die Produktion immer etwa ein Jahr im Voraus ausverkauft ist: Er ist authentisch. Und er wirkt der kleinen Klasse zum Trotz „erwachsen“.

Anders gesagt: Der Pilot ist mit ihm immer „gut angezogen“. Wo der kleine Vogel auftaucht, schlägt ihm immer eine Welle von Sympathie entgegen. Und manch gestandener Pilot mit tausenden von Stunden auf großen Maschinen schaut sehnsuchtsvoll und sagt „Das ist noch echtes Fliegen!“ Bei allen Emotionen bleibt der Rebell dabei aber auch eine „vernünftige“ Entscheidung. Wer etwas geschickt ist, kann diesen klassischen Parasol-Hochdecker auch aus dem Hänger heraus betreiben

Eigner Bernd B. z.B. stellt den offenen Hänger für wenige Euro in einer unbenutzten Scheune ab und trailert zum nahen Flugplatz. Den Aufbau schafft er in etwa 35 Minuten.

Roman Weller hat mit einem charaktervollen Low and Slow-Flieger vorgemacht, was in der kleinen Klasse mit guten Ideen, Liebe zum Detail und Ausdauer machbar ist. Es bleibt zu hoffen, dass im Lauf der Zeit der eine oder andere Hersteller diesem Beispiel mit einem erfolgreichen Muster folgen wird. Es stehen ja Anwärter in den Startlöchern. Aber das Ziel ist für die meisten noch weit.

Damit schließt sich erst einmal der Kreis der echten Hoffnungsträger bei den LL Motor-Dreiachsern. Der nächste Beitrag wird auf der Suche nach erfolgreichen 120 kg – Konzepten einmal über den Tellerrand der Dreiachser hinausschauen. 🙂

 

 

 

 

 

 

 

 

Zwischenbilanz zur 120 kg – Klasse. Die Hoffnungsträger (2).

Zweiter Hoffnungsträger: Senkrechtstarter SD -1

Die tschechische SD-1, eine Konstruktion von Igor Spacek, wurde für die 120 kg – Klasse entwickelt, als die aerodynamisch gesteuerten Motorgeräte von den deregulierten „Leichten Luftsportgeräten“ noch lange ausgesperrt waren.

Feinschliff: Zur AERO 2018 zeigte sich die SD-1 trotz großer Haube für Zwei-Meter-Piloten innerhalb des 120 kg – Limits.

Das hinderte den kleinen, kostengünstig im Amateurbau herstellbaren Tiefdecker nicht daran, sehr schnell als „normales“ UL eine engagierte Fan-Gemeinde um sich zu scharen. Lustiger Weise in vorderster Front  in Frankreich, wo es ja gar keine 120 kg – Klasse gibt, da dort alle UL „dereguliert“ sind.  Dann aber bald auch in Deutschland, wo sich Uwe Post als Importeur intensiv für den kleinen Flitzer einsetzte.

Dieser bedingungslose Einsatz machte nicht einmal vor recht eigenwilligen Interpretationen der dann nach langem Streit endlich verabschiedeten Bauvorschriften halt: Uwe Post wollte einfach nicht akzeptieren, dass sein kleiner Flieger wegen der Begrenzung der Flächenbelastung auf maximal 25 kg / qm nicht den Hauch einer Chance hatte, als LL / Leichtes Luftsportgerät anerkannt zu werden. Er warb so streitbar wie fröhlich auf der AERO mit der Aussage um Käufer, dass die SD-1 ohne Medical mit dem LL-Schein betrieben werden dürfe. Was zu dem einen oder vielleicht auch anderen ungültigen  Kaufvertrag führte.

Importeur Uwe Post am SD-Planes-Info-Tresen auf der AERO 2018

Rückblickend kann man aber nun sagen, dass Uwe Post nur in vorauseilender Handhabung der Rechtslage einer hellseherischen Eingebung folgte: Seit Januar 2016 liegt dem 120 kg – Verband (Damals noch VMLL, heute DVLL) die schriftliche Bestätigung des Ministeriums vor, dass auch  eine deutsche UL-Zulassung entsprechend LTF-UL 2003 (wie jede andere europäische UL-Zulassung) als Voraussetzung akzeptiert wird, um ein Gerät als LL einzutragen, wenn das Leergewicht im 120 kg – Limit bleibt. Kurz: Das Leergewicht ist seither wie bei den Trikes auch bei den Motor-Dreiachsern das einzige Differenzierungskriterium zwischen UL und LL.

Jede – auch ältere – SD-1 mit UL-ZUlassung konnte fortan als LL eingetragen werden, sofern ein Leergewicht unter 120 kg nachgewiesen ist. Doch nun war es Uwe Post, der als ehemals verschmähter Anbieter zunächst stolz die Nase rümpfte und sich wenig interessiert zeigte.

Aber Uwe Post hat nicht nur Stolz, er ist ist als Importeur der SD-1 in erster Linie auch Unternehmer, also Geschäftsmann. Und in dieser Eigenschaft hielt er dem schlagartigen Einsetzen des Marktdrucks nicht lange stand. Einfach zu viele klopften mit dem Scheckbuch wedelnd bei ihm an und wollten endlich das, auf was sie wegen der restriktiven Haltung des Ministeriums so lange verzichten mussten: Eine 100 Prozent legale LL- SD-1, die sorgenfrei mit dem „kleinen“ Schein betrieben werden konnte.

Hochwertige Baauausführung ergonomische Bedienung und überraschend gutes Raumgefühl.

Ohne weitere Werbemaßnahmen, da Uwe Post in Sachen LL noch sehr zögerlich war, begann da „aus dem Nichts“ der Senkrechtstart der SD-1 als Leichtes Luftsportgertät. Dieser Trend wurde dadurch begünstigt, dass die Maschine in vielen Details über die Jahre hinweg auch in Sachen Leergewicht optimiert wurde und nun  – marketingtechnisch ausgedrückt – in der Kombination dieser Eigenschaften eine „Unique Selling Proposition“ zu bieten hat:

 

  • Viertaktmotor. Insbesondere der Briggs und Stratton hatte sich als geeignet erwiesen. Die ersten 120 kg – Versionen aus früheren Zeiten konnten nur mit dem leichten, aber unbeliebten Zweitakter Hirth F33 realisiert werden.
  • Geschlossenes Cockpit, daher auch im Winter komfortabel zu betreiben. Und für den Sommer ist der Wechsel auf eine Cabrio-Haube möglich.
  • Deutlich überlegene  Flugleistungen. Die SD-1 ist bis heute das einzige als LL eintragbare Muster, das sich mit einem Speed-Horizont von 200 km/h nicht hinter „normalen“ UL einfacherer Bauart verstecken muss.
  • Sehr gute Preis-/ Leistungs-Relation. Die ansprechenden Flugleistungen werden nicht mit teuren High-End-Materialien erzielt, sondern mit klassischem Holzbau. Die SD-1 ist damit ideal, um als Amateurbauer sehr gut und günstig in die Luft zu kommen. Entsprechend bietet der Importeur verschiedene Bausätze an.

In der Wunschliste des Marktes fehlt eigentlich nur noch die Bugradversion. Die aber konnte bzw. wollte Uwe Post innerhalb des 120 kg – Limits nicht realisieren. Bei Anwendung der üblichen und durchaus legalen Definition des Leergewichts oder gar bei einer Zulassung über Frankreich (Rettung kann herausgerechnet werden) wäre das aber durchaus möglich, denn die offizielle DULV-Wägung bei der UL-Zulassung hat einen entsprechenden Spielraum nachgewiesen. Siehe Blog-Artikel 22. Juni 2017 „Deutscher Meister im Fliegergewicht“

Ernsthafte Interessenten fürs Bugradfahrwerk sollten bei Uwe Post daher ruhig beharrlich nachfragen. Irgendwann lässt er sich er auch hier vielleicht „erweichen“, das Bugradfahrwerk über den branchenüblichen Nachweis des Leergewichts einer ansonsten stark abgespeckten Basis-Version in das 120 kg – Angebot zu integrieren.

Mit den Bauvorschriften bzw. rechtlichen Rahmenbedingungen steht Uwe Post übrigens auch heute noch (siehe oben) etwas auf Kriegsfuß. So lesen wir (05.08.18) auf der SD-Homepage:

„Die SD-1 wird als LL (leichtes Luftsportgerät) nach LTF-L 2012 zugelassen“

Das ist natürlich schlicht Unsinn. LTF-L 2012 schreibt maximal 25 kg / qm Flächenbelsatung vor und eine Mindestgseschwindigkeit von 55 km/h. Es ist die Bauvorschrift, wegen der die SD-1 damals zum großen Ärger von Uwe Post in Sachen 120 kg ausgesperrt blieb. Denn die SD-1 hat 40 kg /qm Flächenbelastung und schafft in zweiter Klappenstellung mit Hängen und Würgen gerade mal 64 km/h. Ohne Klappen hört sie knapp unter 80 km/h auf zu fliegen. Aber damit erfüllt sie die UL-Bauvorschrift LTF-UL 2003, die eben spätestens seit Ende 2015 als „höherwertiger“ Ersatz statt einer Prüfung nach LTF-L 2012 anerkannt wird – so wie andere europäische UL-Zulassungen auch. Und mit einem Leergewicht unter 120 kg können dann DULV und DAeC den Flieger als LL ausweisen und eintragen. Ansonsten bleibt er ein UL, auch wenn er unter 120 kg wiegt.

Benchmark LL-Antrieb

Wenn nicht Antriebe zur Verfügung stehen, die sowohl in Fragen der Zuverlässigkeit als auch in der Gasannahme und der akustischen Anmutung den Ansprüchen heutiger Piloten genügen, wird die LL-Klasse der Dreiachser zu einer schwindsüchtigen Randerscheinung verurteilt sein. Für die SD-1 hat Igor Spacek die Antriebs – Aufgabe mustergültig gelöst. Der relativ leichte SE-33, ein nicht getunter Briggs+Stratton mit 810 ccm und 33 PS, kommt bei den schnellen SD-1 im Direktantrieb ohne Getriebe aus und ist so innerhalb des 120 kg – Limits problemlos darstellbar.

Das Beste, was sich ein LL-Pilot wünschen kann: 33 Original-PS aus einem robusten 810 ccm Industriemotor ganz ohne Tuning.

Schon die auf 30 bis 33 PS getunten 640 ccm Briggs + Stratton haben (abhängig von der Qualität des Tuners) in anderen LL eine hohe Zuverlässigkeit nachgewiesen. Ein nicht getunter B+S, der in seiner Anwendung als Stationärmotor und Antrieb für Aufsitz-Mäher für viele hundert Stunden klaglosen Betriebs trotz härtester Betriebsbedingungen bekannt ist, darf aber fraglos als die erstrebenswertere Variante angesehen werden. Bei derartigen Stationär-Motoren mit recht billig gemachtem Ventiltrieb (ausreichend in Verbindung mit dem serienmäßigen Drehzahlbegrenzer) ist es ganz einfach besser, die Leistung aus dem Hubraum zu holen – und nicht aus der per Tuning angehobenen Drehzahl.

Kurz: Die SD-1 ist bislang unter den am Markt befindlichen LL in Sachen Antrieb fraglos Benchmark. Um diesen Motor, den Igor Spacek auch anderen LL-Herstellern als Komplett-Lösung „Firewall Forward“ liefern würde, auch für langsamere Geräte nutzen zu können, müsste ein Getriebe ergänzt werden. Dieses Zusatzgewicht macht den Motor, dann aber für die meisten Flieger zu schwer.

Randbemerkung dazu: Uwe Post weist als Preis für den SE – 33 Motor 6.500 Euro inklusive Mehrwertsteuer aus (Der Komplette Motor-Bausatz mit wirklich allem Drum und Dran kostet 9000,- Euro). Das ist in den Augen vieler LL-Interessenten zu viel Geld für einen LL-Motor. Vielleicht ist daher ein rückerinnernder Vergleich zu den „normalen“ UL sinnvoll: Damals wurde auch der Rotax 912 zunächst mehrheitlich als „eigentlich“ total überteuert für die „Ultraleichten“eingestuft. Und viele UL-Hersteller haben versucht, auf Alternativen z.B. mit dem damaligen Verner-Boxer oder die klassischen VW – Derivate auszuweichen. Alle sind nolens volens zum „überteuerten“ Rotax zurückgekommen. Und ohne diesen Antrieb, der behutsam, aber beharrlich über die Jahre weiterentwickelt wurde und heute die Zuverlässigkeit der alten E-Klasse -Flugmotoren erreicht und übertroffen hat, hätte sich die Klasse der „Fetzenflieger“ niemals zu dem entwickeln können, der sie heute ist: Die weltweit erfolgreichste Flugzeug-Gattung überhaupt.

Kritische Punkte an der heute sehr ausgereiften SD-1 gibt es keine, wenn man sich mit dem Geräte – Konzept identifizieren kann:

  • Der Flieger ist sehr klein, vor allem mit 4,4 m Rumpflänge sehr kurz. Das fordert bei Start und Landung auf holprigen Graspisten, auf denen auch etwas längere Flieger zum Hopsen neigen, einen gewissen Tribut. Aber dafür wird der Pilot mit einer spielerisch verfügbaren Reiseleistung von über 160 km / verwöhnt.
  • Die hohen Flugleistungen, vor allem die mit knapp 80 km/h recht hohe Vmin in Clean-Configuration sind nicht das, was ursprünglich die „Low- And – Slow-Idee“ der LL-Klasse war: Simple Geräte, die wegen einer sehr geringen V min auch von Durchschnittspiloten zur Not praktisch überall gelandet werden können.

Wen ein solches Konzept anspricht, das nun auch legal in die LL -Klasse integrierbar wurde, ist mit der SD-1 optimal bedient. Das gilt inzwischen auch für hochgeschossene Piloten bis 2 Meter Körperlänge. Die auf der AERO 2018 vorgestellte XL-Version, die als LL im 120 kg – Limit geliefert werden kann, hat den letzten Wermutstropfen ausgemerzt, den recht beschränkten Raum unter der normalen Haube.

Und nicht zuletzt: Uwe Post mit seinen SD-Planes ist nun schon über viele Jahre zu einer verlässlichen und sehr aktiven Institution in der Branche geworden. Dabei hilft ihm auch seine anerkannte Kompetenz als Pilot. Und er hat es geschafft, die SD-1 -Piloten in einer Gruppe zu binden, die sich jährlich zu einem Erfahrungsaustausch und geselligem Beisammensein trifft. Zukünftige SD-1 -Eigner haben daher bei allen Fragen neben Uwe Post auch immer erfahrene Ansprechpartner unter den SD-1-Piloten.

Dritter Hoffnungsträger: Roman Wellers Kultflieger „Rebell“

Demnächst an dieser Stelle 🙂

Zwischenbilanz zur 120 kg – Klasse. Zweiter Teil: Die Hoffnungsträger.

Erster Hoffnungsträger: AEROLiTE 120

Kein Zweifel. Nach dem anfänglichen Hype war die 120 kg – Blase regelrecht geplatzt und hatte alle Worthülsen-Anbieter mal mehr, mal weniger nass gemacht. Zum Beispiel auch die kurzzeitig zum Deutschland-Importeur des amerikanischen Aerolite103 avancierte Firma Parazoom von Jens Higgen, die neben den recht erfolgreich vermarkteten Trikes nun auch in die Dreiachser-Liga aufsteigen wollte. Doch dazu mussten ja Bauvorschriften eingehalten,  Festigkeitsnachweise erbracht werden etc.

Ein Ehepaar packt zu.

Als sehr lange Zeit bei Parazoom überhaupt nichts vorwärts ging und der Bausatz des ersten 103er mehr oder weniger unberührt herumlag, griffen Thilda und Wolfgang Labudde zu: Das Ehepaar aus Mecklenburg – Vorpommern, Inhaber / Geschäftsführer der Firma VIERWERK, kaufte die Rechte plus Bausatz, krempelte die Ärmel hoch und machte sich als „Start Up“ in Sachen Flugzeugbau an die Arbeit. Bravo!

Herrliches Cruisen, wie es entsprechend der ursprünglichen Idee vom „wirklich leichten Fliegen“ kaum besser sein kann. Entspannte, bequeme Sitzposition mit begeisterndem Blick rundum und auf die unten vorbeiziehende Landschaft. Offenes, direktes Flugerleben, dabei aber erstaunlich gut vor den Elementen geschützt durch ein Windschild bis auf Stirnhöhe. Das reicht völlig aus für angenehmen Komfort, denn wegen der Pusher-Konfiguration muss kein Propellerstrahl, sondern nur der geringe Fahrtwind abgehalten werden. Und – jetzt lachen nur die, die sich mit offenen Fliegern nicht auskennen – die durchsichtige Verkleidungsschale reicht so weit unter die Füße hinab, dass man die Socken nicht über die Hosenbeine ziehen muss, um unliebsamen Insektenbesuch bis hinauf in den Genitalbereich zu verhindern. 🙂

Auch die Labuddes waren etwas blauäugig zum „Hersteller“ eines Fliegers geworden – denn so wird ein Importeur und Anbieter vom Gesetz ja gesehen. Auch sie hatten die Hürden einer Musterprüfung bzw. ersatzweise der Zulassung in einem Land der europäischen Union unterschätzt. Doch mit enormer Energie, großem Fleiß und unbeirrt von den Wogen der damaligen LL-Diskussion arbeiteten sich die Labuddes in die Materie ein und ließen sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen. Denn als sich beim Belastungstest das Leitwerk verabschiedete, machten alle lange Gesichter. Aber das Problem konnte technisch einfach und schnell zusammen mit dem 120 kg – Zulassungs-Papst Hans-Peter Schneider gelöst werden, um das germanische Sicherheitsniveau zu garantieren. Während hunderte von Aerolite 103 in Amerika seit über einem Jahrzehnt im Urzustand fröhlich umeinander fliegen, ohne jemals ihren  Schwanz zu verbiegen.

Exkurs: Was wieder einmal mehr zeigt, dass wir Deutschen in Sachen Sicherheitsvorkehrungen ganz gerne zum reichlich dimensionierten Hosenträger auch noch den eng geschnallten Gürtel ordern. Weil wir dann, mit  offiziellen Stempeln auf dem Fluggerät und auf dem eigenen Hintern (Flieger-Vulgo: JNP und Medical) bar eigener Verantwortung in die Luft gehen können. Franzosen und Amerikaner checken ihre deregulierten Geräte mit ganz anderen Augen. Weil sie für sich und den Flieger volle Verantwortung übernehmen müssen. Da hilft ihnen im Fall des Falles kein offizieller Stempel.

Das ist ein interessantes, echtes 120 kg – Thema. Denn ausschließlich in dieser LL – Klasse werden vom Deutschen die Tugenden und Fähigkeiten gefordert, über die der Franzose, Amerikaner oder Italiener bei allen UL-Fliegern verfügen muss: Eigenverantwortung übernehmen!

Nach meinen Erfahrungen sind aber nur wenige deutsche Piloten dazu in der Lage, die schier unglaubliche Bürokratie-Freiheit der 120er als großartiges Geschenk für jeden mündigen Bürger / Piloten zu begreifen. Vielmehr haben sich für mich die Anzeichen dafür verdichtet, dass sich der deutschen UL-Pilot mehrheitlich, wenn auch großenteils klammheimlich, davor fürchtet, selbst in großem Umfang Eigenverantwortung zu übernehmen. Lieber begibt er sich in die Hände der ihn selbst und sein Gerät gängelnd regulierenden Institutionen, die ihm den Löwenanteil der Verantwortung (und dabei immer auch einen großen Geldbetrag) abnehmen. Auch das dürfte einer der Gründe sein, warum die 120er ein Nischenprodukt im deutschen UL-Markt bleiben werden. Exkurs Ende.

Zurück zu den mutigen, tüchtigen Labuddes: Sie lassen nicht locker und haben schon bald die Zulassung für die überarbeitete Version des Aerolite 103 in der 120er – Klasse in Händen. Ihren Flieger nennen sie nun folgerichtig AEROLiTE 120. Er ist die in etlichen Punkten weiterentwickelte und nach deutschen UL-Standards geprüfte Europa-Version des Aerolite 103. Und die Labuddes sind die einzigen 120 kg – Anbieter, die seither auf der AERO ohne Unterbrechung vorbildliche Präsenz zeigen. Zweimal Bravo.

Der schlanke Flieger ist im Mutterland USA als Aerolite 103 seit Jahren ein Dauerbrenner.

Verrechnet haben sie sich – wie viele andere auch – mit dem Potenzial der 120 kg -Klasse. Siehe auch oben „Exkurs“. Doch unabhängig von den fliegerischen Ausformungen der „deutschen Angst“ spüren die Labuddes  Gegenwind. Auch bei einem „Start Up“ muss der Aufwand für Zulassung, technische Weiterentwicklung, Martketing, After-Sales-Service, die Pflege eines Vertriebsnetzes und nicht zuletzt die Händler-Provision irgendwann bezahlt, d. h. auf den Verkaufspreis umgelegt werden.  Da steht dann plötzlich eine Zahl, die mit dem in den USA aufgerufenen Preis für den Flieger überhaupt nichts mehr zu tun hat. Und jeder von uns kennt zumindest einen „Oberschlaule“, der am Fliegerstammtisch die Preisdifferenz in erster Linie auf die Geldgier des Importeurrs / deutschen Herstellers zurückführt. Das machen die „Oberschlaules“ bekanntlich auch in den Fällen, in denen der Hersteller am Existenzminimum dahinschrappt oder schon den Konkursverwalter mit am Tisch hat. Denn in der Fliegerei kann man bekanntlich nur dann schnell eine Million machen, wenn man mit zwei Millionen begonnen hat. Das gilt für 120 kg – Flieger in nochmals deutlich zugespitzter Form. Eine ganz andere Frage ist natürlich, ob im Unternehmenskonzept für ein solches Produkt Positionen wie Händlernetz und professionelles Marketing überhaupt Platz haben.

Für den AeroLite 120 bedeutet das jedenfalls: Die Endverbraucher-Preise inklusive Mehrwertsteuer beginnen für den fertigen Flieger mit 200er Polini bei 26.000 €. Mit Rettung wird bereits die 30.000 € – Marke geknackt. Und da die klassische Konstruktions-Methode aus den Anfängen der leichten Fliegerei nicht gerade widerstandsarm ist, werden die  Zusatz-PS vom nun als Option lieferbaren Polini 250 gerne abgerufen werden. Womit die „Preis-Schallmauer“ für Einfach-LL mit deutlich über 30 TSD € endgültig durchbrochen wird.

In der Philosophie des „wirklich leichten Fliegens“ nahe am Ideal.

Das ist sehr, sehrt schade, entspricht der AEROLiTE 120 doch in fast allen Punkten genau dem ursprünglichen Ideal des wirklich leichten Fliegens. Vom Laien technisch überschaubare und (in Eigenverantwortung!!) auch kontrollierbare Konstruktion. Günstige Instandsetzungskosten bei Schäden, fast alles an der Zelle ist auch vom Laien  in Eigenleistung austauschbar. Verzeihende, angenehme Flugeigenschaften, entspannte, fürs Genussfliegen optimale Sitzposition. Herrliche Sicht beim Luftwandern oder bei der „Feierabend-Runde um den Dorf-Kirchturm“.

Der „Eightymade-Kit“: Super-Idee für ein Rohr-Tuch-Gerät.

Auf der AERO 2018 präsentierten Thilda und Wolfgang Labudde von der Firma VIERWERK den kompletten „Eightymade-Kit“: Ausgezeichnete Qualität in Material und Ausführung. Dazu durch das Rohr-Tuch-Konzept auch unschlagbar einfach und zügig fertigzustellen. Sogar im Selbstbau völlig Ungeübte können den Flieger in zwei bis drei Wochen bereit zum Erstflug machen!

Die tüchtigen Labuddes haben das zwangsläufige Preisproblem aller Einfach-LL erkannt und eine interessante Lösung dafür ausgetüftelt: Das auf der letzten AERO vorgestellte Projekt „Eightymade-Kit“. Wie der Name schon sagt, sind mit dem Baukasten nur noch zwanzig Prozent der Arbeit zu erledigen. Vor allem jener Teil, der nicht an programmierbare Werkzeugmaschinen delegierbar und wegen der händischen Erledigung teuer zu bezahlen wäre. Die Teile und Baugruppen sind passgenau und in überdurchschnittlich hoher Qualität gefertigt. Dabei ist die Konstruktion so einfach und übersichtlich gehalten, dass wirklich praktisch jeder in nur rund 100 Stunden zu einem flugfertigen Dreiachser in hoher Endqualität kommen kann. Das ist bei geschweißten und dann klassisch bespannten Konstruktionen anders. Roman Weller, über dessen Rebell noch ausführlich zu berichten sein wird, hatte daher von vorn herein beschlossen, aus Gründen der Qualität bzw. Sicherheit auf den Verkauf von Bausätzen gänzlich zu verzichten. Der AL 120 nutzt dagegen nun seinen konzeptbedingten Vorteil, um auch fürs kleinere Budget hoch interessant zu werden – ohne dass die Qualität des Endproduktes in irgend einer Weise darunter leidet. Und 100 Stunden, die man etwa investieren muss, kann jeder aufbringen, ohne den Spaß am „Selberschrauben“ zu verlieren. Bravo. Bravo. Bravo!!!

Auch die Kleinteile des 80 % Bausatzes werden so gut vorbereitet und so übersichtlich geliefert, dass sich auch Piloten ohne Bauerfahrung die Arbeiten für die restlichen 20 % durchaus zutrauen dürfen.

Denn die Herabstufung im Anschaffungspreis ist wichtig.  Weil der Käufer vergleicht: Für seinen inzwischen zum charaktervollen Kultflieger avancierten „Rebell“ ruft Roman Weller inklusive attraktivem Zweizylinder-Viertaktmotor „nur“ etwa ab 34 TSD € auf. Allerdings muss Weller auch keine Händlerprovisionen einberechnen. Und teure Marketingmaßnahmen sind ihm ein Greuel. Aber die Firma Vierwerk kann ja wie bei den positiven Neuerungen im Produktangebot auch über Veränderungen im Vertriebskonzept nachdenken.

Jedenfalls ist dem knuffigen, sympathischen AL 120 zu wünschen, dass er sich als Einfach-LL insbesondere auch in der Bausatz-Version entsprechend preisgünstig am Markt platzieren kann. Und vielleicht gibt es irgendwann auch einen kleinen, leichten Viertakter, den die Labuddes als Alternative zu den Polinis anbieten können. Doch da der wassergekühlte Polini 250 in der Pusher-Version bereits ausreichend erprobt und für überdurchschnittlich gut befunden wurde, ist dieser einzige kritische Punkt im Anforderungsprofil zu verschmerzen. Vorausgesetzt, man hat einen Hallenplatz, der im Preis für ein Einfach – LL angemessen ist. Denn „aus dem Hänger heraus“ kann der AL 120 nicht geflogen werden.

Persönliches Fazit: Obwohl ich selbst eher ein Spornrad-Fan bin, drücke ich ganz fest die Daumen, dass der AL 120 auch insbesondere in der Bausatz-Vartiante viele neue Freunde findet. Er ist einer der wenigen „echten“ und „ehrlichen“ Vertreter der ursprünglichen 120kg – Klasse bzw. der Geräte nach Part 103 in den USA. Diese Flieger sollten in erster Linie EINFACH sein. In der Herstellung. Beim Fliegen. Bei Reparaturen. Beim Handling. Zu dieser Art unkompliziertem Flugvergnügen passt natürlich ein moderater Preis am besten. Mit dem „Eightymade-Kit“ geben die tüchtigen Labuddes, die mit ihrem Flieger zu einer verlässlichen Institution in der 120 kg – Klasse geworden sind, dem Markt die richtige Botschaft!

Zweiter Hoffnungsträger: Senkrechtstarter SD -1

Demnächst an dieser Stelle 🙂

Was geschieht mit der 120 kg – Klasse? Eine Zwischenbilanz. Erster Teil.

Ein Blick zurück schärft den Blick nach vorn

Nehmen wir einmal an, ein Hersteller „Leichter Luftsportgeräte“ ruft für sein ausgefuchstes High-Tech-LL satte 54.600 € als Verkaufspreis auf. Gerade nicht gezuckt? Richtig!  Wir befinden uns mit diesem Gedankenspiel nicht in Phantasialand, sondern mitten in der Flieger-Realität.

Aber kaum einer macht sich klar, dass man dafür den ganzen Flieger von der ersten bis zur letzten Schraube mit reinstem Sterling -Silber aufwiegen könnte.  Das Kilo wird gerade (Ende Mai 2018) mit 455 € gehandelt. Und mehr als 120 kg darf das gute Stück ja nicht wiegen.

Diese Animation für den AIRector-Vertrieb legte die Latte fürs 120 kg – Fliegen ziemlich hoch.  „So könnte ihr Cockpit aussehen“ ließ man den Kunden wissen: Mit  Cockpit und Feeling eines Jagdflugzeugs, wenn auch angetrieben von einem mickrigen Einzylinder – Zweitakter, ohne Medical-Sorgen mit 160 km/h quer durch Deutschland preschen: Ein tolles Versprechen!

Wer wie der Autor die kleine Klasse von Anbeginn genau verfolgt hat, muss dabei natürlich sofort an den seligen „AIRector“ denken.  Dessen Vor-Vermarktung via Computer-Animation zielte damals relativ offen auf ältere Piloten, die auch ohne Medical noch so viel Flugzeug wie irgend möglich bewegen wollten – und dafür fast jeden Preis bezahlt hätten. Aber zum Leidwesen dieser Piloten gab es so etwas noch lange nicht zu kaufen. Es gab erst einmal gar nichts.

Damit sind wir mitten im Thema: Der Hype – und damit  im Gefolge das Image der neuen Klasse – wurde zunächst von älteren Semestern geprägt. Als dieser Blog ans Netz ging, bildete die Altersgruppe „65 Plus“ unter der wiederkehrenden Leserschaft noch eine der drei tragenden Säulen und verfehlte nur knapp Platz zwei in der Rangliste unter den LL- affinen Altersgruppen. Doch was die Anbieter in kleinen Schritten nach und nach  zum Kauf anbieten konnten, war wegen der vom Ministerium geforderten Leistungsbeschränkungen der Bauvorschrift LTF-L überhaupt nicht mehr nach dem Geschmack dieser kaufkräftigen Klientel. Abgesehen vom Motorsegler „Song“, der ja nichts für eingefleischte Motorflieger ist, konnte man nur rustikale, ganz oder halb offene Charakterflieger mit sehr bescheidenen Flugleistungen kaufen – geschuldet der vom Ministerium geforderten Flächenbelastung von maximal 25 kg /qm.

Jüngere Jahrgänge gewinnen die Oberhand.

Heute, 6 Jahre später und nach Liberalisierung der Bauvorschriften, haben sich die Verhältnisse umgekehrt. Die Demografie der Blog-Leser Januar bis Mai 2018 sieht die Altersgruppe  „65 Plus“ mit weniger als 13 % abgeschlagen auf Platz 5. Die stärksten Interessenten-Gruppen sind: 45 – 54 Jahre (26%), 55 – 64 Jahre (20%) und 35 – 44 Jahre (19 %). Diese Altersgruppen haben in der Regel keine Medical-Probleme. Maximale Bürokratiefreiheit und das einzigartige, ursprüngliche Flugerleben mit den wirklich leichten Geräten sind die „Kicks“, welche die kleine Klasse begehrenswert machen.

Anders gesagt: Das Sportliche der neuen Klasse, das ein spezielles Können verlangt und mit einem gewissen Komfortverzicht gepaart ist, rückt in den Vordergrund. Auch wenn es die Piloten größerer UL oder kleiner E-Klasse – Maschinen nicht gerne hören: Rein fliegerisch ist ein 120 kg Dreiachser anspruchsvoller und fordert den Piloten stärker – im Feingefühl wie auch in der Kondition. Ein LL fliegt nicht einfach so dahin. Auch bei wenig Wind und geringer Thermik muss es in jeder Sekunde aktiv geflogen werden. Und wer in seinem schnellen Tiefdecker die Seitenruder-Pedale fast nur noch zum Rollen benutzt hat, lebt in einem typischen LL richtig gefährlich. Last but not least muss man auch einer speziellen mentalen Anforderung gewachsen sein. Denn man weiß: Wer die erste  Sicherheits- oder Notlandung wegen Motorproblemen noch nicht hinter sich hat, der hat sie eben noch vor sich. Das hat nichts mit Ängsten zu tun. Sondern mit der richtigen mentalen Einstimmung kann man durch angepasste Streckenführung und im Ernstfall durch schnelles, richtiges Handeln dieses Risiko kalkulierbar machen und ganz gut im Griff haben. Die Segelflieger machen es ja vor. Siehe weiter unten:  „Das Antriebs-Problem.“

Im Gegensatz zum ersten LL-Hype, bei dem es aber noch nichts zu kaufen gab, haben wir heute die umgekehrte Situation: Nun gibt es ausreichend viele als LL eingetragene Muster zu kaufen und es gibt auch viele Interessenten, wie z.B. die großenLeserschaft dieses Blogs belegt. Aber:

Es gibt unter den LL – Interessenten zu wenige LL – Käufer.

Der Grund ist naheliegend: Wer sich nicht um sein Medical sorgen macht, wird logischerweise ein interessantes LL mit einem klassischen UL vergleichen. Und da es die junge Klasse der Leichten Luftsportgeräte nur neu oder fast neu zu kaufen gibt, stellt sich ein einfaches Problem: Zum Preis des LL, eventuell sogar mit einem besch …eidenen Zweitakter, gibt es ein halbwegs gut erhaltenes Rohr-Tuch-UL mit bewährtem Vierzylinder Rotax. Und Außerdem kann im Doppelsitzer auch mal die bessere Hälfte mitfliegen. Und das gerne auch mal etwas weiter.

Als Spaßflieger zu teuer. Als Streckenflieger kaum tauglich.

Ganz offen gesprochen: Selbst ein ordentlich verdienender Familienvater  mit z. B. zwei Kindern in der Ausbildung kann oder will es sich in der Regel nicht  leisten, rund 40.000,- €  für einen reinen Spaßflieger auszugeben. Ein Gerät, das noch dazu nur einen Sitzplatzund einen ungeliebten Zweitakter hat. Zu diesem kritisch positionierten Angebots-Segment gehört leider z. B. auch der „Relax“ von Roland Hauke.

Der „Relax“: Leider noch immer ohne endgültige französische Zulassung – die Voraussetzung, um als LL angeboten werden zu können.

Er kostet knapp 40 TSD € und wird neben dem Aixro Wankel von Wölfle aus Gewichtsgründen alternativ nur mit dem Polini 250 angeboten werden. Kurz: Um die wachsende jüngere Interessenten-Gruppe zu erreichen, die sich unabhängig vom Medical zusehends für das ursprüngliche, wirklich leichte Fliegen begeistern kann, muss es attraktive und trotz Viertakter preisgünstige LL geben mit Neupreisen zwischen 20 und 30 TSD €. Woraus sich dann irgendwann ein Gebrauchtmarkt mit Preisen zwischen  13 und 18 TSD € entwickelt. Das legt die Zielgruppe z.B.  auch für ein Oberklasse-Motorrad auf den Tresen. Und genauso „normal“ könnte es sein, wenn statt oder neben dem Motorrad ein LL mit Klappflächen im Car-Port steht. Weil Hallenplätze mit Preisen zwischen durchschnittlich 1200 € und 1800 € pro Jahr, also 10 % (!) der Anschaffungskosten, nicht zu einem „bezahlbaren“ Sport- und Spaßgerät passen.

Auch in besseren Kreisen „gut angezogen“ mit einem Flieger aus der „Arme-Leute-Klasse“?

Am anderen Ende der Fahnenstange des 120er – Marktes scheint Geld keine Rolle zu spielen. Schon bald wird – wenn alles klappt – ein  Premium – LL zu kaufen sein, das mit ähnlichem Anspruch an den Markt geht wie weiland der AIRector: Die Corsair von Jörg Hollmann mit den markanten Knickflügeln und der Schiebehaube des berühmten WK II -Vorbildes.

Auf der Homepage von JH Aircraft ist klar formuliert: „Durch innovativen Leichtbau können hohe Flugleistungen und höchste Strukturfestigkeit realisiert werden. Höchstgeschwindigkeiten jenseits der 200 km/h- Marke und Belastungsgrenzen von +6 und -4g setzen neue Maßstäbe in dieser Klasse.“ Unter 75.000 €  inklusive Rettungssystem und Funk wird die filigrane Kohlefaser-Konstruktion leider nicht zu haben sein. Viel Geld für ein „Leichtes Luftsportgerät“, das die Klasse neu definieren und eigentlich ein Head-Turner sein möchte, der im Aufmerksamkeitswert und „Will-Haben-Affekt“ praktisch alle „großen“ UL in den Schatten stellt. Gemessen daran, ist der Gegenwert eines Porsche Cayenne sicher gut angelegt.

Ganz nüchtern betrachtet, ist und bleibt die Corsair ein Flieger der kleinstmöglichen und wettersensibelsten Dreiachser-Klasse. Mit einem Motor, dessen noch nicht erreichte Serienreife einem anderen Hersteller sein Vorführ-Flugzeug gekostet hat. Trotzdem: Vor 10 Jahren wären gut betuchte Senioren, mit dem Scheckbuch wedelnd, bei JH Aircraft Schlange gestanden. Man darf gespannt sein, ob das heute, lange nach dem 120er-Hype, immer noch so ist.

Aufbruchstimmung herrscht bei den LL – Segelfliegern, der ältesten Gruppe der deregulierten Dreiachs-Flieger. Moderne Materialien und Fertigungsmethoden machen die Integration von Antrieben innerhalb des Gewichtslimits möglich. Doch auch hier kollidiert die Philosophie des einfachen Fliegens zwangsläufig mit den Preisen, die für moderne Konstruktionen aufgerufen werden.

Aber: Preislich haben wir hier bei den Seglern eine völlig andere Situation. Da es keine UL-Segelflieger in Deutschland gibt, wären die „richtigen“ Segelflugzeuge die einzige Alternative. Und deren Preise sind für „Normalverbraucher“ schlicht astronomisch unerschwinglich. Relativ wäre daher ein moderner, eigenstartfähiger Segler für z.B. 50.000 € ein vergleichsweise günstiges Angebot. Kurz: Den mit E-Antrieb autonom startenden 120 kg Segelfliegern – aus Sicht der Verwaltung „motorisierte LL“ – gehört bei den 120 kg-Segelfliegern die Zukunft. Und auch mit Blick auf die Mischformen der Fluggeräte ist es nur konsequent, dass sich die motorisierten und die nicht motorisierten LL-Flieger im gemeinsamen Verband DVLL zusammengetan haben.

Gemeinsam stärker: Die Vorstände Hans-Peter Schneider (Motorflug, links) und Harro Renth (Sektion Segelflug, Mitte) auf der AERO 2018

Wegweisend für die Zukunft könnte das Projekt „Birdy“ sein, das der Verband auf der letzten AERO in Friedrichshafen vorgestellt hat: Mitglieder des Verbandes haben sich zusammengetan, um durch die Sicherung einer Mindest-Abnahmemenge und entsprechende Anzahlungen die Serienproduktion dieser interessanten Konstruktion in die Wege zu leiten.  Das wäre ein echter Meilenstein, um die Attraktivität des 120 kg -Segelflugs deutlich zu steigern.

 

Die Grenzen zwischen Motorfliegern, Segelfliegern und über Gewichtskraft gesteuerten Trikes verschwimmen teilweise.

Ein weiterer hochinteressanter Grenzgänger zwischen den Flugzeugarten ist der Silent Glider. Dieses nur in der Querachse über Gewichtskraft gesteuerte Hochleistungs-Trike wird in der Längsachse über Klappen gesteuert. Deshalb genügt ein nur längs beweglicher Stab, der von oben ins Cockpit ragt, bis auf den dafür nötigen Schlitz kann das Cockpit aerodynamisch hochwertig geschlossen sein.

Eine ganz neue Variante verfügt nun über eine Knüppelsteuerung wie ein Dreiachser  mit entsprechender Umlenkung (also ziehen fürs Steigen). Die für viele Dreiachspiloten schwierige Umstellung auf die Gewichtskraftsteuerung (ziehen fürs Sinken) entfällt daher! Es ist eine Überlegung wert, ob für diese Version des Silent Glider die Dreiachser-Lizenz gültig bzw. sogar erforderlich ist.

Das Antriebs-Problem der LL – Dreiachser.

Gemeint sind hier nicht etwa die etwas zögerlich zum Einsatz kommenden Elektro-Antriebe, sondern die ganz gewöhnlichen Verbrenner. Als die 120er – Klasse auch für Motor-Dreiachser zugelassen wurde, hatte sich die Ul-Pilotenschaft gerade endgültig an die 912er-Antriebe von Rotax als eine Art Sicherheits-Standard gewöhnt. Tiefe Schleppgas-Anflüge, auf die früher bei der Ausbildung in fliegenden, von Zweitaktern angetriebenen Widerständen die Todesstrafe stand, waren vielerorts trotz ihrer totalen Sinnbefreitheit salonfähig geworden. Eben weil auch ein nicht zertifizierter 912er so zuverlässig ist wie ein Lycoming oder Continental – die nötige Pflege vorausgesetzt.

Und nun stiegen Piloten mit diesem (Unter)Bewusstsein in kleine Kisten, in denen wegen des Gewichtsvorteils zum Beispiel kleine Hirth F33 werkelten. Auch der deutlich bessere Polini 250 mit Wasserkühlung, der mittlerweile zur gewichtsoptimierten Standardlösung avancierte, hat in der für ihn neuen Traktor-Konfiguration seine Tücken. Insbesondere, wenn die Hersteller in kreativer Selbstüberschätzung meinen, das Rad selbst neu erfinden zu müssen. Da wurde eine zur Vergaser Entlüftung notwendige Leitung von einem in England zertifizierten UL-Hersteller (!) ganz einfach weggelassen, weil man nicht kapiert hatte, wozu das in der Einbauanweisung geforderte Teil gut sein sollte. Was den Verfasser gleich beim ersten Werkstattflug des neuen Fliegers zu Boden zwang – zum Glück schadlos. Und fast überall wurde an der großen, als störend empfundenen Ansaugbox herumexperimentiert. Im Falle des erwähnten englischen Flugzeugbauers entschloss man sich auch hier, das „nutzlose“ Ding einfach wegzulassen. Dies wiederum hatte zur Folge, dass der damalige Miteigner des Verfassers nur in einer anspruchsvollen Segellandung mit Steilkurve den Platz noch  erreichen konnte. Diagnose: Kapitaler Kolbenklemmer. Doch um nicht nur über Zweitakter zu schimpfen: Sowohl der Verfasser als auch zwei LL-Fliegerfreunde sind auch schon mit B+S Viertaktern zu Boden gegangen. Diese Industriemotoren sind berühmt für ihre Robustheit und Zuverlässigkeit – so lange sich kein Tuner, der diesen Namen nicht verdient, an Ihnen vergreift. Da gibt es große Unterschiede. Doch auch hier scheint sich Qualität so langsam herumzusprechen und durchzusetzen.

Fakt ist: Selbst wenn die Zweitakter bei umsichtiger Behandlung zuverlässig sein können: Die Käufer wünschen in erdrückender Überzahl einen Viertakter. Punkt. Zweitens: Ein Großteil der Dreiachspiloten wünscht sich ein geschlossenes bzw. ein im Winter schließbares Cockpit. Und schließlich drittens: Zu viele der heutigen Piloten kennen die Spornradfliegerei nur vom Hörensagen und hätten gerne ein Bugradfahrwerk, was mit mehreren der extrem kostbaren Kilos zu veranschlagen ist.

Bislang ist es noch keinem einzigen Konstrukteur / Hersteller der heute käuflichen Muster gelungen, alle drei Anforderungen des Marktes innerhalb der 120 kg – Limits zu realisieren.

Vom klassischen Sirocco, den zuletzt Jens Higgen serienreif machen wollte und der mit B+S – Viertakter plus Bugrad plus Cabrio-Variante für den Sommer vielen Piloten sehr gut gefallen hätte, ist nach jahrelangen leeren Versprechungen nichts mehr zu hören. Es steht zu befürchten, dass diese Anzeige das letzte, nun anonyme Lebenszeichen dieses Musters ist:

Der Sirocco ist damit nach dem Ekolot „Elf“ das zweite Muster aus der Zeit des Hypes, das damals wie geschnitten Brot hätte verkauft werden können und nach jahrelangem Hin und Her als gescheitert zu betrachten ist, da die technische Realisierung innerhalb der gegebenen Rahmenbedingungen nicht in den Griff gebracht wurde. 2013 durfte ich einen glücklichen Ekolot – Importeur zitieren: “Alle Änderungswünsche, die sich aus der Präsentation des Prototyps auf der AERO 2012 ergaben, sind vom Hersteller erfüllt!. Und das Gewicht stimmt auch!“

Zu schön, um wahr zu werden. Der Motorsegler „Elf“ hätte ein tolles Marktpotenzial gehabt. Er sollte inklusive geschlossenem Hänger unter 40.000 € kosten. Leider alles leere Worte…

Zur Erinnerung: Ekolot stellte den „Elf“ zunächst mit Verner Viertakt-Boxer als 120 kg – Flieger vor. Der Ekolot-Boss patzte dann aber auch in der zweiten Runde .Trotz Einsatz eines Zweitakters wog der „Elf“ weit mehr als 120 kg und blieb rotzdem die nötigen Festigkeitsnachweise schuldig. Der immer wieder vertröstete und belogene Importeur warf dann das Handtuch, auch weil er in die Sicherheit der Flieger kein Vertrauen mehr hatte.

Wo auch immer die Ursachen gelegen haben mögen: Die nötige Leistung, um einen guten Flieger in das 120 kg – Limit hineinzubauen, wurde und wird von den meisten unterschätzt. So geht es der 120 kg – Klasse zunächst wie in einem Italo-Western: „Leichen pflastern ihren Weg“. Und auch bei manchen Mustern, die ihre Zulassung haben oder demnächst (hoffentlich endlich) bekommen, muss man sich fragen, ob sie die nötigen Stückzahlen verkaufen werden, um überleben zu können.

Vorbildlich: Nicht getunter B+S mit 810 ccm und 33 PS und Direktantrieb.

Dringend benötigt wird ein Viertakter für die langsameren Geräte, der mit Getriebe deutlich unter 30 kg wiegt. Aber wer wird bei den geringen LL -Stückzahlen in die Entwicklung investieren? Für schnellere Muster wie die SD-1 steht der Direkttriebler von Spacek zur Verfügung (Ein nicht getrunter B+S 810 ccm). Wer mit dem Gewicht klarkommt wie Uwe Post mit seiner 120 kg -SD-1, hat den idealen LL-Motor gefunden. Doch selbst die winzige SD-1 kann  bislang die dritte Forderung nach einem Bugrad nicht innerhalb des 120 kg – Limits erfüllen.

 

Der Beitrag wird fortgesetzt: In Teil 2 geht es dann gezielt um die Flieger, die sich trotz aller Probleme durchgesetzt haben und weiter durchsetzen werden.

Die Spreu trennt sich vom Weizen. Bei den Fliegern und den Interessenten.

In eigener Sache

Als nächsten „richtigen“ Sachbeitrag werde ich einen Bericht zum Stand der Dinge in der 120 kg – Klasse veröffentlichen. Denn seit dem ersten Hype rund um die Entstehung der neuen Klasse, gekennzeichnet durch hohe Erwartungen der Interessenten und etwas zu großartige Versprechungen mancher Hersteller / Importeure, hat sich nun die Spreu vom Weizen getrennt. Heute gibt es Anbieter, die in disziplinierter, seriöser Arbeit bewiesen haben, dass man attraktive Flieger innerhalb der 120 kg – Grenze bauen kann. Und diese Anbieter finden Käufer, teilweise sogar mehr, als sie in vertretbarer Zeit beliefern können.

Aber es hat sich sich auch gezeigt, dass es sich bei vielen Interessenten nur um Neugierige gehandelt hat, die gerne reden und / oder schreiben, aber wenig bis keine  Vorstellung von der fliegerischen 120 kg -Realität haben. Schließlich muss man objektiv feststellen, dass das Fliegen mit so leichten Dreiachsern nicht jedermanns Sache ist und auch gar nicht sein kann. Wer auf einer Nordsee – Insel wohnt, wird wahrscheinlich zu selten Windgeschwindigkeiten vorfinden, bei denen entspanntes Genussfliegen mit 120 kg – Geräten und z. B. 11 qm Fläche möglich ist.

Aber trotzdem: Das ursprüngliche, fordernde, „echte“  Fliegen in den kleinen Geräten begeistert immer mehr Piloten und wird einen festen Platz in der Sportfliegerei einnehmen – insbesondere im Kontrast zu den „Ultraleichtflugzeugen“, die jetzt mit 600 kg MTOW und perfektem E – Klasse- Feeling aufwarten können.

Piloten mit Engagement gefragt.

Wie schnell weitere, für die LL – Fliegerei zu begeisternde Piloten gefunden werden, wird davon anhängen, wie viele LL-Piloten bereit sind, auch etwas für diese Klasse zu tun.

Diese Freiheit nehme ich mir: Statt für die 120er zu schreiben, werde ich nun häufiger auf meinem „Dreirad“ oder Segelboot unterwegs sein. Wenn man über 70 ist, darf man sich einteilen, was man noch erleben möchte.

Meine „Mission“ ist beendet. Nach „Installation“ der 120 kg Motor-Dreiachser – Klasse – wenn auch zunächst mit den vom Ministerium geforderten Einschränkungen – und dem jahrelangen  Promoten der kleinen Motor-Flieger im Blog und in Zeitschriften – Artikeln und nach der Gründung des zugehörigen Verbandes habe ich genügend für die Sache des wirklich leichten Fliegens getan.  Mit nunmehr 70 Jahren möchte ich mehr Zeit  auf meinem kleinen Boot und auf meinem altersgerechten Retro-Gespann zubringen als in der Luft.

Wer kann und will diesen Blog übernehmen?

Nach dem oben erwähnten noch ausstehenden Beitrag zum Status quo der 120er-Klasse möchte ich allenfalls nach Lust und Laune oder bei besonderen Anlässen / Neuigkeiten einen Beitrag schreiben. Es wäre schön, wenn sich jemand aus unseren Reihen darüber hinaus engagieren würde.

Die 120er bleiben ein Nischenprodukt. Aber eine Nische, deren Produkte wahnsinnig Spaß machen und die daher eine Zukunft hat!

Nach Aufgabe des anfänglichen Widerstands im Ministeriums können ja nun schon lange wieder die Verbände DULV und DAeC / Luftsportgeräte-Büro 120 kg – Flieger als LL in die Luft bringen, indem die Geräte zunächst wie ein UL nach LTF-UlL 2003 geprüft werden – also ohne die Beschränkungen in der Flächenbelastung, die ursprünglich vom Ministerium gefordert war. Wir haben nun also auf Umwegen die Bedingungen bekommen, die der DULV / Jo Konrad von Anfang an gefordert hatte. Da steckt noch viel Potenzial dahinter, da sich alle damaligen Neukonstruktionen, die heute den Markt bestimmen, der Forderung nach maximal 25 kg / qm Flächenbelastung unterwerfen mussten.

Für Kommentare geöffnet!

Da der 120 kg – Talk geschlossen ist, kann nun hier angefragt oder kommentiert werden, wer, wie und unter welchen Bedingungen diesen Blog weiterführen oder zumindest Beiträge zuliefern könnte. Und natürlich auch direkt per Mail: michael@anderson.de

Mit besten Grüßen in die Runde,

Mike

Der DVLL mit Vereinsflieger auf der AERO beim DAeC Halle B4

Auf der Aero in Friedrichshafen wird das DVLL – Vorstandsmitglied Hans-Peter Schneider wieder einen Vortrag halten mit aktualisierten Beiträgen zu dem

Thema: Fliegen in völliger Eigenverantwortung

Freitag den 20. April 2018 Raum Rom 10:00 – 11:00 Uhr

Samstag den 21. April 2018 Raum Wien 13:00 – 14:00 Uhr

Anschauen. Probesitzen. Schnupperfliegen. Chartern. Der neue Vereinsflieger des DVLL ist als Exponat auf dem Stand des DVLL – beim DAeC in Halle B4.

Der DVLL ist wieder zu finden auf dem großen Stand des DAeC in Halle B4. Besonders interessant für alle 120 kg – Interessenten ist dabei das Exponat: Der Vereinsflieger, ein „SWAN“ mit Polini 250  – Motor, kann besichtigt und „probegesessen“ werden. Hier kann man sich auch am besten über die Chartermöglichkeiten erkundigen, die alle Mitglieder des DVLL haben.

 

Es grünt so grün: Die ökologisch korrekte „Elektro-Maus“.

Frank Möller aus Didderse ist Dipl. Ing. für Flugzeugbau und arbeitet hauptberuflich beim Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Da denkt man sofort an Aluminium, Stahl und moderne Faserverbund – Werkstoffe. Nebenberuflich meidet Frank Möller jedoch, so weit irgend möglich, diese modernen Materialien wie der Teufel das Weihwasser – wegen der zweifelsfrei miserablen Ökobilanz. Seine eher als Hobby nebenher geführte Firma „Leichtwood“ stellt hochwertige Leichtbau-Komponenten aus nach- wachsenden Werkstoffen her –  also mit positiver Ökobilanz. Dies insbesondere aus Holz und meist für den Freizeit- und mobilen Bereich. Sein „woodbike“ z.B. erregt überall, wo er damit auftaucht, großes Aufsehen (Foto).

Diese in Sachen Umwelt vorbildliche Konsequenz bei der Materialwahl macht natürlich auch nicht vor seinen Fluggeräten halt. Auf Basis des Nurflüglers Michel Wing, der hier im Blog schon vorgestellt wurde, hat er nun für einen Elektro-Flieger die Zulassung bekommen, der in dieser Gemischtbauweise entstand: Satte 90% nachhaltig erzeugtes Holz, nur 10% entfallen auf den Mix von Aluminium, Carbon und FVK. Die vier Streben, die Fläche plus Antrieb mit der Cockpit-und Fahrwerks- Gondel verbinden, sind aber nicht aus Holz, wie ich zunächst fälschlich schrieb, aber zumindest mit Holz strömungsgünstig verkleidetes Aluminium-Rohr.

Auch sonst kommt die Aerodynamik nicht zu kurz: Die Fahrwerks-Halbachsen mit Rädern lassen sich zum Rumpf hin anziehen, so dass die Räder hinter den Strömungskörpern am Rumpf verschwinden. Die übliche Sorge bei Einzieh-Fahrwerken entfällt dabei: Zur Not kann auch auf nicht zu schlechten Pisten mit angezogenen Rädern gelandet werden – ein klares Sicherheits-Plus.  Der Gleitwinkel ist mit 1:18 ausgewiesen. In Verbindung mit demElektro- Antrieb  Geiger HDP 12/16 kW, der mit einer Motorflugzeit von 45 Minuten eine sichere Rückkehr-Hilfe bietet, dürfte mit der Elektro-Maus ausgedehntes, sorgenfreies „Soaren“möglich sein. Wer mehr wissen und vielleicht mit Frank Möller in Kontakt treten möchte: Er hat ein ausführliches Datenblatt zusammengestellt, das hier hinterlegt ist. Daten zur Flugmaus