Gehe zurück auf „Los!“ Das Zulassungs- Monopoly in der 120 kg – Klasse.

Erst nach langem Zögern wurde 2010 die Klasse der 120 kg Motor-Dreiachser ins Leben gerufen – Motorschirme und Flächen-Trikes durften schon seit 2001 die Freiheiten des deregulierten Fliegens genießen (Siehe Historie). Auf Seiten des Ministeriums bestand nämlich die Sorge, dass ein von Medical-Ängsten geplagtes Segment der Altersgruppe „65 Plus“ nun weitestgehend unkontrolliert und daher entsprechend ungeniert mit „Bonsai-Racern“ durch die Gegend brettern könnte. Denn mit modernsten Materialien und aufwendigen Herstellungsmethoden  lassen sich für eine gleichermaßen zahlungskräftige wie zahlungswillige Zielgruppe auch mit 120 kg Leergewicht leistungsfähige Geräte bauen, die locker die 200 km/h – Marke knacken. Zu Preisen ab 60.000,- Euro aufwärts. Daher wurden entsprechend der Forderung der Behörde in den Bauvorschriften wirksame Leistungsbegrenzungen wie die Flächenbelastung von maximal 25 kg / qm integriert.

Wie gut die ministeriell eingeforderte Zielgruppen-Beschneidung via Performance-Beschränkung funktionierte, lässt sich anschaulich an den Besuchen dieser reinen 120 kg – Seite zeigen. Nachdem sich die Wogen um die „Kastration“ der 120er geglättet hatten, sah das Altersprofil (Google Analytics) der Leser von „ultraleicht120“ so aus:

Im Zeitraum Januar bis Juni 2015 gehörten nur 16,2 % der Besucher zur Altersgruppe 65+.

Im Zeitraum Januar bis Juni 2015 gehörten nur 16,2 % der Besucher zur Altersgruppe 65+.

Die große Mehrheit der Interessenten hatte sich nolens volens mit den Performance-Beschränkungen arrangiert, und die „Best-Ager“ zwischen 45 und 64 machten zusammen mit rund 60 % den klar dominierenden  Löwenanteil der Besucher aus. Das Segment der nach oben offenen Altersgruppe 65+ war in Relation zu der Alterspyramide sogar überraschend klein. Offensichtlich war die „gebremste“ 120 kg – Klasse für ältere Herren, die auch mit kleinen Fliegern noch mal so richtig „zur Sache kommen“ wollten, ziemlich uninteressant geworden. Umgekehrt konnten sich auch trotz der Performance-Beschränkungen immer mehr Piloten in den Vierzigern und Fünfzigern mit dem „wirklich leichten Fliegen“ identifizieren.

Nach Veröffentlichung des untenstehenden Blog-Berichts, dass die Performance-Begrenzungen der LTF-L durch die anerkannten Prüfungen nach LTF-UL oder anderer europäischer UL-Zulassungen ersatzlos gestrichen sind, sah das Altersprofil der Besucher in den folgenden Tagen plötzlich so aus:

Wegfall der Performance-Beschränkung: Die stärkste Gruppe heißt plötzlich 65+ .

Wegfall der Performance-Beschränkung: Die stärkste Gruppe heißt plötzlich 65+ .

Das spontane „Zucken“ der Besucher-Altersstrukturen darf aus Marketing-Sicht durchaus als Hinweis darauf gewertet werden, dass da nach wie vor etliche potenzielle ältere Käufer kräftig mit den Hufen scharren. Piloten, deren Alter statistisch gleichermaßen hohe Kaufkraft wie Kaufbereitschaft verspricht. Eine Zielgruppe, die damals schon der „AIRector“ von Air Sports Aircraft im Visier hatte.

Airector "Ohne Medical"

So wäre es denkbar, dass dieser oder ein ähnlicher Flieger in High-Tech Leichtbau nun einen  Anlauf auf den 120 kg – Markt nehmen würde. Der AIRector, vom  ehemaligen Technik-Referenten des DULV entwickelt, der auch Verhandlungs-Partner der Behörde in Sachen 120 kg – Klasse war, wurde damals durch die vom Ministerium geforderten Leistungs-Begrenzungen „ausgebremst“.

Der Gedankengang des Ministeriums, die „deregulierten“ Dreiachser durch Performance-Beschränkungen an die langsamen, gewichtskraftgesteuerten 120 kg -Flieger anzugleichen, ist durchaus nachvollziehbar, wenn auch nicht nach jedermanns Geschmack. Doch immerhin haben sich namhafte Hersteller, allen voran Weller Flugzeugbau und Roland Aircraft, unter größten Mühen daran gemacht, attraktive Flieger in die gegeben Bauvorschriften hinein zu konstruieren. Roman Wellers Uli NG hatte die Zulassung als UL und wäre nach heutiger Handhabung ohne jede Änderung als LL eingetragen worden. Stattdessen musste er mit beträchtlichem Zeit- und Kostenaufwand die komplette Prüfung nach LTF-L durchlaufen – die im Aufwand einer Prüfung nach LTF-UL 2003 nicht nachsteht.  Und von Wellers neuem „Rebell“ sind 4 in der Luft und über 10 verkauft. Was, wenn jetzt der eine oder andere Kunde einen überarbeiteten Rebell mit weniger Fläche wünscht?  Roland Haukes „Relax“ ist nach langwieriger Entwicklungsarbeit und neuer Konstruktion einer entsprechend LTF-L vergrößerten Fläche jetzt endlich serienreif und wird von einer großen Anzahl potenzieller Käufer sehnsüchtig erwartet. Alle Teile des komplett überarbeiteten Fliegers sind für die CNC-Fertigung fertig konstruiert und teilweise vorproduziert. Jetzt beginnt die Montage des ersten Serienmodells. Gleichzeitig stellt sich für Roland Hauke die Frage, ob er nicht wieder auf die kleinere Fläche zurückgehen soll, die von der Mehrzahl der Kunden bevorzugt sicher bevorzugt würde.

Der Uli NG von Weller Flugzeugbau hätte nach heutiger Regelung mit seiner Zulassung als UL direkt als LL eingetragen werden können. Musste stattdessen zusätzlich die komplette Prüfung nach LTF-L ablegen.

Der Uli NG von Weller Flugzeugbau hätte nach heutiger Regelung mit seiner Zulassung als UL direkt als LL eingetragen werden können. Er musste stattdessen zusätzlich die komplette Prüfung nach LTF-L ablegen.

Alle diese Mühen und Kosten rund um die Beschränkungen des § LTF-L3  hätten sich die hier nur exemplarisch genannten  Hersteller und die vielen hier nicht genannten anderen Anbieter, die bislang an 120 kg – Konzepten gearbeitet haben, sparen können. Schlimmer noch: Durch die entsprechend der damaligen Forderung des Ministeriums „eingebaute“ Performance-Bremse haben ihre Produkte nun einen entscheidenden Nachteil im Markt. Denn dass schnellere Geräte das größere Kaufinteresse wecken, ist offensichtlich. Wer bezahlt diesen „Kollateralschaden“ beim Zulassungs-Monopoly, wenn der Hersteller eine zeitlich falsche „Ereigniskarte“ gezogen hat?

Der ursprüngliche "Relax"von Roland Hauke hatte eine zu kleine Fläche für LTF-L und musste umkonstruiert werden. Jetzt wäre die kleine Fläche wieder richtig für LTF-UL 2003.

Der ursprüngliche „Relax“von Roland Hauke hatte eine zu kleine Fläche für LTF-L und musste umkonstruiert werden. Jetzt wäre die kleine Fläche wieder richtig für LTF-UL 2003.

Und das alles nur, weil das Ministerium seine eigenen Gesetze, insbesondere den §11LuftGerPV,  nicht in vollem Umfang verstanden hat. Die Brisanz des Absatz 4, der jede europäische UL-Zulassung „unmittelbar“ als Voraussetzung für den Betrieb in der 120 kg – Klasse anerkennt, wurde von den Machern des Gesetzes wohl nicht wahrgenommen. In der Praxis ist nun die Bauvorschrift LTF-L zugunsten der Bauvorschrift LTF-UL 2003 sang- und klanglos in der Restmüll-Tonne gelandet. Ein in der Sache identisches Ergebnis  hätte das Ministerium auch fünf Jahre früher haben können, als DULV und DAeC  die Anwendung der LTF-Ul 2003 für die 120 kg – Klasse forderten.

Aber – wer weiß. Vielleicht wurde von der zuständigen Abteilung des Ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, die im Schulterschluss mit DULV und DAeC nunmehr keinen Änderungsbedarf am § 11 LuftGerPV sieht, die Tragweite dieser Aussage noch nicht in allen Konsequenzen überblickt.

Und: Wie schon die ganze Zeit über hat sich das Ministerium niemals schriftlich, d.h. nachvollziehbar und verlässlich geäußert oder über die Beauftragten Verbände eine offizielle Verlautbarung zur Handhabung des § 11 LuftGerPV veröffentlichen lassen. Es geht nicht an, dass Piloten / Käufer, Hersteller und Importeure sich auf „unter der Hand“ gegebene Zusagen oder auf die von den Beauftragten „still und leise“ vollzogenen Anerkennungen als LL verlassen sollen. Die deutsche LL- Bananenrepublik lässt sonst schön grüßen.

News: Ergänzung 30.12.15

Auf Nachfrage beim Ministerium teilte heute der Leiter des zuständigen Bereichs mit, dass die hier veröffentlichte  Interpretation des § 11 LuftGerPV korrekt ist und dass nun keine Nachweise der Flächenbelastung etc. aus § LTF-L3 gefordert werden.

Zweitens: Es werde gerade eine entsprechende schriftliche Verlautbarung für die beauftragten Verbände ausgearbeitet, um Klarheit und Rechtssicherheit für Verbände, Hersteller und Piloten in dieser Frage herzustellen.

Das ist eine wirklich gute Nachricht!  Die Sorge, dass die Sache „unter der Hand“ wie in einer Bananenrepublik gehandhabt werden könnte, ist dann zum Glück unbegründet.

Auch ist sehr positiv zu vermerken, dass das Ministerium selbst „zwischen den Jahren“ bereit war, zu der Frage mit einer klaren Aussage Stellung zu beziehen. Schließlich sind die 120er ein recht unwichtiger „Krümel“ innerhalb des Verantwortungsbereichs im BMVI.

Endlich alles klar: Deutsche „Zulassung“ für LL-Motor-Dreiachser.

Noch vor einem Jahr wurde vom Ministerium in Frage gestellt, ob eine deutsche Musterzulassung nach LTF-UL 2003 gleichzeitig auch eine europäische UL- Zulassung nach § 11 Abs.4 LuftGerPV ist. Letztere ersetzt nämlich „unmittelbar“ die in Abs, 1 und 2 geforderte Prüfung durch eine von der DAkkS akkreditierten und damit für die kleinen Dreiachser unbezahlbaren Prüfstelle:

„(4) Muster- oder Gerätezulassungen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind unmittelbar gültig und ersetzen die Prüfungen nach den Absätzen 1 und 2.“

Mitte des Jahres äußerte sich nun die Rechtsabteilung des Ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur dahingehend, dass die deutsche – und damit natürlich auch europäische – UL-Musterzulassung als die noch dazu höherwertige Prüfung die LL – Musterprüfung ersetzen kann. Damit war nun endlich die deutsche UL-Prüfung den anderen europäischen UL-Zulassungen entsprechend § 11 Abs.4 LuftGerPV gleichgestellt. Seither sehen nun die beauftragten Verbände die Sachlage so, dass sie jedes UL, das nach LTF-UL 2003 geprüft wurde, auf Wunsch alternativ als leichtes Luftsportgerät eintragen können, sofern es – zumindest in spartanischer Mindestausstattung – das Leergewicht von 120 kg nicht überschreitet. Das Ministerium hatte sich dazu bislang jedoch nicht weiter geäußert.

Am 29.September dieses Jahres trafen sich daraufhin die Vertreter sämtlicher involvierten Verbände, Prüfstellen und Behörden in Bonn beim Ministerium zu einem Meeting in Sachen § 11 LuftGerPV bzw. „Musterprüfung“ für „Leichte Luftsportgeräte“ (Siehe Blog vom 03. Oktober 2015). Hierzu hatten die Teilnehmer bereits im Vorfeld ihre Stellungnahmen und Vorschläge eingereicht. Auf Basis des zusammengetragenen und vor Ort erläuterten Meinungsbildes sollte im Nachgang die Handhabung der LL-Prüfungen entschieden werden. Ergebnis:

§ 11 LuftGerPV bleibt unverändert, die Handhabung für Motor-Dreiachser erfolgt, wie von den Verbänden in Ihren Eingaben dargestellt. Zulassungen nach LTF-UL werden wie andere europäische Zulassungen anerkannt !

Bei der heutigen telefonischen Nachfrage bestätigten zwei leitende Mitarbeiter  des Ministeriums, dass dem mehrheitlichen Wunsch der Teilnehmer entsprochen wird, keine gesetzlichen Änderungen vorzunehmen und es bei der von den Verbänden dargelegten Handhabung des Abs. 4 zu belassen. In der Tat besteht nach Einbeziehung der deutschen UL-Zulassung in die Regelung nach Abs. 4 für die motorisierten 120 kg – Dreiachser kein Änderungsbedarf. Der Hersteller oder Importeur bzw. deren Kunden / die Piloten haben die freie Wahl:

  • Prüfung bei DULV oder DAeC nach LTF-UL , auf dieser Basis alternativ zum Status als Ultraleichtflugzeug Eintragung als „Leichtes Luftsportgerät“, wenn das Leergewicht unter 120 kg liegt.
  • Nachweis der erfolgten UL-Zulassung / Eintragung des Gerätes in einem europäischen Land (plus EWR) sowie der Löschung der dortigen Eintragung. Dazu ein professioneller Wägebericht des Leergewichts bis zu 120 kg. Dann erfolgt durch DULV oder DAeC eine Eintragung als LL.

Für den Hersteller hat die Prüfung nach LTF-UL sogar Vorteile im Vergleich zu einer Prüfung nach LTF-L. So entfällt beispielsweise das beim LL vorgeschriebene Brandschott aus Stahl. Die UL Ausführung aus Aluminium spart etwa ein halbes Kilogramm Gewicht. Und bei der Flugerprobung entfällt z.B. der Nachweis, dass der Flieger nicht zum Trudeln neigt. Eine Forderung der LTF-L, die damals für viel Aufregung sorgte, da sie unter dem Begriff „Trudelerprobung“ an den Biertischen als Schreckgespenst herumgeisterte.

Vor allem aber: Leistungsbegrenzungen wie eine maximale Flächenbelastung von 25 kg / qm oder eine von 65 km/h auf 55 km/h herabgesetzte Mindestgeschwindigkeit gibt es weder bei der LTF-UL noch bei irgend einer europäischen UL-Zulassung. Da aber die europäischen UL-Zulassungen „unmittelbar“, also ohne weitere Nachweise, anerkannt werden, erfolgt die Anerkennung auch ohne die Einschränkungen, welche die rein deutsche LTF-L in § 3 fordert. Nach dem juristische Status quo entfallen für die LL-Aspiranten alle Auflagen des § LTF-L3. Die Zulassungen sind „unmittelbar“ gültig, und die Verbände dürfen / können für eine Eintragung als LL nur noch das Gewicht überprüfen.

Im Sinne einer sich nun endlich abzeichnenden Rechtssicherheit stellte sich auch der VMLL bereits in der vorbereitenden Stellungnahme für die Sitzung in Bonn hinter die rechtliche Interpretation der beauftragten Verbände DAeC und DULV. Allerdings regt der VMLL an, unabhängig davon in einem zweiten Schritt zusammen mit DULV, DAeC und Ministerium über eine bewusste Abgrenzung der Dreiachs – LL von den UL zu diskutieren, um den Status der weitgehenden Deregulierung / Selbstverantwortung der LL gegenüber den immer stärker regulierten UL auch für die Zukunft abzusichern.

Denn: Eine  Beschränkung der Performance – wenn auch nicht so einschneidend wie in § LTF-L3 – wäre vielleicht die Basis für einen LL-  Prüfungsmodus, der sehr viel einfacher und entscheidend billiger sein könnte als der Prüfungsmodus eines komplexen Hochleistungs -UL mit 280 km/h Reiseleistung, den auch die kleinsten und bescheidensten Dreiachs- Flieger derzeit über sich ergehen lassen müssen.

Hangar-Nachbarn

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Im Nachgang noch ein direkter Vergleich, um die Evolution des „Rebell“ zu veranschaulichen: Rechts der Prototyp des Gerätes, die Baunummer 1, die bereits im Vergleich zu der 2013 auf der AERO vorgestellten Ur-Version deutlich überarbeitet war. Links der neue  Prototyp der Ausführung mit Verner Sternmotor, die Baunummer 4. Fast möchte man von einem neuen Modell sprechen, so groß ist der optische Unterschied.

Die beiden Maschinen sind Hangar-Nachbarn und ihre Besitzer hatten an schönen Dezembertagen erstmals die Freude, im Verband zu fliegen.

Der V3 Motor-Prototyp befindet sich in einer Erprobungsphase in Kundenhand. Die Ergebnisse werden in die Serienversion dieses klassischen Antriebs einfließen.