AERO: Durchbruch für die 120er-Klasse!

Wegen der Performance-Beschränkung 25 kg / qm wurde die neue 120 kg – Klasse von den Verfechtern schneller, auf Leistung ausgelegter 120er als „totgeborenes Kind“ abqualifiziert. Wie fröhlich dieses Baby jedoch in Wirklichkeit lebt, wächst und gedeiht, konnte jeder Besucher auf der AERO 2013 nun endlich mit eigenen Augen sehen:

16 Flieger der neuen 120 kg – Klasse verkauft!

Ernst Niederer hat von seiner Ekolot Elf satte neun Stück vorverkauft (d.h. vorbehaltlich erfolgter Musterprüfung). Niederer schätzt, dass von den 180 vorgemerkten, ernsthaften Interessenten mindest 30 sofort auf der Messe gekauft hätten,wenn die Musterprüfung bereits abgeschlossen wäre. Ja, er spricht von einem regelrechten „Boom“ im Vergleich zu seinen „normalen“ UL.

Weller Flugzeugbau konnte auf Anhieb drei Stück des erstmals vorgestellten Uli V3 Rebell verkaufen. Die Baunummmer 1, mit der zur Zeit die Fluger-probung durchgeführt wird, ist schon fest in Kundenbesitz, Nr. 2 und 3 sind vorverkauft – vorbehaltlich durchgeführter Musterprüfung. Baunummer 3 geht  ins sonnige Spanien!

Leider war es Roman Weller nur am letzten Messetag möglich, persönlich anwesend sein und Verkaufsgespräche zu führen. Nur einer der ernsthaften Kaufinteressenten der drei Vortage konnte es einrichten, zu Verkaufsgesprächen nochmals am Samstag nach Friedrichshafen zu kommen. Man darf also auf das Messe-Nachgeschäft in Bibersfeld gespannt sein!

Auch Pavel Pajer ist mit seinem „Song“ auf großes Kaufinteresse gestoßen. Obwohl sein Motorsegler vorläufig nur mit dem bereits zugelassenen Bailey lieferbar ist, konnte er drei Vorverkäufe verbuchen. Denn da beim „Song“ wie beim „Elf“ die tschechische Zulassung abgeschlossen ist, können die ergänzenden Nachweise für LTF-L schnell erbracht werden. Danach wird das Kaufinteresse nochmals deutlich zulegen, wenn eine ergänzende Musterprüfung mit dem neuen Viertakt-Dreizylinder Sternmotor „Scarlet Mini 3“ erfolgt ist, der viele Piloten ins Schwärmen brachte.

Auch für den auf der AERO nicht ausgestellten offenen Uli NG, der dieser Tage als erstes Gerät die Musterprüfung nach LTF-L vollends abgeschlossen hat, gab es auf der AERO eine feste Bestellung.  Für diesen Klassiker des wirklich leichten Fliegens, von dem in der Version NG (New Generation) bereits ein halbes Dutzend in der Luft ist, besteht nach wie vor großes Interesse.

Über 140 neue Mitglieder beim VMLL!

Das positive Echo am VMLL – Gemeinschaftsstand war überwältigend. Zweimal mussten Unterlagen nachgedruckt und Beitrittserklärungen fotokopiert werden.

Praktisch jeder Besucher konnte sich im Gespräch mit der Grundidee des deregulierten Fliegens identifizieren, nämlich mit dem „Geben und Nehmen“: Der Pilot „gibt“ seinen  Verzicht auf die maximal machbare Performance (weit über 200 km/h bei Dreiachsern) und erhält für diese Bescheidenheit analog zu 120 kg – Motorschirm- und Flächen-Trikes vom Gesetzgeber  hundertprozentige Bürokratie-Freiheit und Selbstverantwortung für Mensch und Maschine. Für deutsche Verhältnisse eine schier unglaubliche Freiheit.

Um diese Philosophie des „wirklich leichten Fliegens“ zu unterstützen, sind während der Messe über 140 (!) Piloten spontan dem VMLL beigetreten. Die gezeigten, noch in diesem Jahr als „Leichte Luftsportgeräte“ käuflichen Flieger waren für praktisch alle Besucher ein lange vermisstes, sehr attraktives Angebot. Nun kann man endlich ähnlich wie in den USA völlig frei von allen „amtlich“ vorgeschriebenen technischen und medizinischen Kontrollen und ohne Stunden-Nachweise und Überprüfungsflüge den puren Spaß am Fliegen erleben. Einfach in der Luft sein als reines Genuss-Fliegen. Ganz ohne jeden Leistungsdruck – weder fliegerisch noch finanziell.

 

Auch das Non-Profit-Projekt des VMLL, der „Paris Parasol“ zum Selbstbau nach Plänen, zeigte einmal mehr, dass sehr viele Piloten selbst bauen wollen oder müssen, um mit einem eigenen Flieger preiswert in die Luft zu kommen. Ob Selbstbau oder Fertigflieger ab 20.000 €: Ein LL-Gerät kann wie ein ein größeres Motorrad oder ein kleines Segelboot  bei jedem „Normalverdiener“  in der Garage stehen.

Erfreulich: Auch der DULV will sich auf Basis der LTF-L engagieren.

Alle Musterprüfungen nach LTF-L laufen derzeit beim Luftsportgeräte-Büro des DAeC, das am 24.07.2012 seine Arbeit aufgenommen hat. Mindestens vier Motor-Dreiachser gehen mit dem LSG-B in diesem Jahr als deregulierte „Leichte Luftsportgeräte“ in die Luft.

Auch der DULV hatte nach eigener Aussage schon vor längerer Zeit genau wie das DAeC Luftsportgeräte-Büro die Anerkennung als erweiterte Prüfstelle entsprechend LTF-L beantragt, war aber vom LBA aus unbekannten Gründen nicht benannt worden. Bislang besteht daher für den DULV die unbefriedigende Situation, dass das LSG-B zunehmend Know-how mit der neuen Klasse sammelt, der DULV aber bei Anfragen zur Dreiachser-Musterprüfung nur die normale Verkehrszulassung anbieten kann.

In einem zweiten Anlauf will der DULV nun über die Deutsche Akkreditierungsstelle „DAKKS“ in Berlin die Anerkennung als Prüfstelle für alle deregulierten, nicht zulassungspflichtigen „Leichten Luftsportgeräte“ erlangen, wie im Editorial der neuesten Verbands-Info nachzulesen ist, die kurz vor der Messe erschien. Das ist für alle Beteiligten optimal. Denn Wettbewerb belebt das Geschäft, und Monopole sind auf Dauer immer fragwürdig.

Noch mehr Freiheit von behördlicher Aufsicht ab 2014!

Die Zuständigkeit der „DAKKS“ verteuert zwar alles, ohne mehr zu bieten. Sie hat aber für alle „LL“ einen wirklich hoch interessanten Neben-Aspekt: Das LBA ist nur noch für die zulassungspflichtigen Luftsportgeräte, also die „normalen UL“ zuständig. Die sind dann direkt neben den praktisch baugleichen LSA der Gefahr weiter zunehmender Regulierungen und einem durchaus denkbaren Zugriff der EASA ausgesetzt.

Die „Leichten Luftsportgeräte“ dagegen erhalten durch den vom Gesetzgeber gewollten, nun noch größeren Abstand zur Behörde einen noch höheren und vor allem recht gut geschützten Freiheitsgrad.

Auch aus diesem Grund war es vorteilhaft und weitsichtig, dass bei den motorisierten 120ern nicht von gewichtsbeschränkten „Ultraleichten“ gesprochen wird (dieser Begriff existiert offiziell ohnehin überhaupt nicht). Sondern es handelt sich um deregulierte „Leichte Luftsportgeräte“, in klarem Gegensatz zu den erheblich regulierten und der Bürokratie unterworfenen „Luftsportgeräten“, also UL. Völlig unabhängig von der Medical-Erleichterung oder gar  -Befreiung, die man sich für alle Luftsportgeräte gleichermaßen wünscht.

Großes Interesse auch von Anbietern aus dem Ausland.

Mehrere Anbieter in Europa und den USA (z. B. Quicksilver) entwickeln gegenwärtig Flieger entsprechend LTF-L. Aus diesem Grund bemüht sich das Luftsportgeräte-Büro zur Zeit intensiv darum, eine englische Übersetzung dieser Bauvorschrift anbieten zu können. Das bestechende Einfachgerät ZIGOLO MG 12 aus Italien und der überarbeitete DAR Solo aus Bulgarien waren bereits als fertige Flieger auf der Messe zu sehen. Wenn beide zügig an die Musterprüfung gehen, ist das erste halbe Dutzend käuflicher LL-Motor-Dreiachser in diesem Jahr komplett. Wie das mit dem DAR Solo noch in diesem Jahr klappen soll, ist allerdings fraglich. Der Vertriebsmann sagte dem Verfasser, dass ihn der DULV betreut, der ja noch keine Prüfstelle hat.

Hinzu kommt mittlerweile das Interesse von Piloten und Institutionen aus dem europäischen Umfeld. Klaus Burkhard z. B. berichtet in „Faszination Luftsport 2012 / 2013“, dass sich die Zeichen dafür mehren, „dass die LTF-L in Teilen oder in ihrer Gesamtheit auch von einzelnen EU-Staaten übernommen werden könnten.“

Angekommen!

Keine Bauvorschrift kann die teils widersprüchlichen Wünsche und Forderungen der unterschiedlichen Interessentengruppen in gleicher Weise berücksichtigen. Zumindest steht nun aber fest, dass es für die Idee des bescheidenen, einfachen Fliegens auch bei den Motor-Dreiachsern einen Markt gibt. Der ist nicht riesig, aber er spricht eine Piloten-Zielgruppe an, für die es bislang keine Angebote gab und um deren Wünsche sich niemand gekümmert hat. Und erweitert damit insgesamt das Angebots-Spektum der leichten Fliegerei. Die schnelleren, weniger bescheidenen Geräte gibt es ja schon im Überfluss. Jeder kann sich also nach Lust und Kontostand bedienen.

Aus Sicht des VMLL darf das „wirklich leichte Fliegen“ durchaus eine kleines Marktsegment, ja sogar notfalls eine Marktnische bleiben. Aber die ist groß genug, um jungen Leuten den preiswerten Einstieg in die Fliegerei und den Weg zum eigenen Flieger zu ermöglichen. Und die Klasse ist – wie man sieht – attraktiv genug, um auch eine Heimat für erfahrene Piloten zu bieten, die sich mit der 120er-Klasse vom Leistungs- Bürokratie- und Kostendruck der 120.000 € – Klasse moderner „Ultraleichter“ abwenden wollen. Um stattdessen das pure, einfache „in der Luft sein“ mit bescheidenen Fliegern unbeschwert und in vollen Zügen zu genießen.