Ein Anbieter meldet sich zu Wort.

In Reaktion auf den letzten Blog-Beitrag hat sich heute ein kommerzieller Luftsportgeräte-Anbieter bei dem Verfasser gemeldet und bittet um folgende Klarstellung:

In der Frage, ob mit der „kleinen“ LL-Lizenz auch musterzulassungspflichtige Geräte bis 120 kg geflogen werden dürfen, habe er sich auf Treu und Glauben ganz auf den DULV und den DAeC verlassen. Beide hätten ihm zwar nur mündlich, aber dennoch verbindlich zugesagt, dass das rechtlich in Ordnung sei. Daher habe er auch keinen Grund gesehen, dieses Verkaufsargument nicht zu nutzen.

Da nun aber die Frage im Raum steht, ob die Interpretation der Rechtslage im Sinne der Verbände auch wirklich belastbar ist, wolle er sich auf alle Fälle rechtlich korrekt verhalten und werde sicherheitshalber zumindest so lange dieses Verkaufs-Argument nicht weiter nutzen, bis eine verbindliche, schriftliche Stellungnahme der zuständigen Stellen vorliegt und die bestehende Unsicherheit im Markt beseitigt ist.

Anmerkung in eigener Sache / Michael Anderson:

Der Verfasser dieses Beitrags / Betreiber dieses Blogs würde es ausdrücklich begrüßen, wenn entweder Medicalfreiheit für alle UL eingeführt wird oder zumindest der „kleine“ Schein auch zum Fliegen nach LTF-2003 zugelassener Geräte bis 120 kg berechtigen würde. Denn dadurch wäre endlich eines sichergestellt: Alle, die nur medicalfrei, aber ansonsten weiterhin möglichst schnell, hoch und weit fliegen möchten, werden aufhören, in die Klasse der Deregulierten „hineinzudrücken“, um nur wegen der Medicalfreiheit „die Kröte der Deregulierung“ zu schlucken. Wobei diese Zielgruppe wegen des Widerwillens gegen die mit der Deregulierung verbundenen Bescheidenheit der Geräte selbstredend fortlaufend versucht – sogar jetzt, nach Veröffentlichung der LTF-L – die Regelungen dieser Klasse auszuhebeln und „aufzubohren“.

Entsprechend hatte der Verfasser schon in 2011 eine Eingabe an Verbände und das LBA gemacht, hier die wichtigste Seite aus der PP-Präsentation:

Seite aus Eingabe 120 PDF-2

Leider wurde der Vorschlag nicht weiter verfolgt. Er gab nur eine einzige, etwas lyrische Antwort vom DULV:

„…. wird hier nochmal das Fliegen im allgemeinen Kontext der freiheitlich, demokratischen Grundordnung erklärt (wenn das nur Lilienthal auch schon alles gewusst hätte).“

Jedenfalls: Einem kommerziellen Anbieter kann unter dem oben geschilderten Sachverhalt, dass er eine verbindliche Zusicherung von beiden Verbänden hatte, keinerlei Vorwurf gemacht werden – sofern diese Angabe der Wahrheit entspricht.

Wenn aber der Sachverhalt stimmt,  spitzt sich nun die Frage noch weiter zu, ob die Verbände wirklich „einfach so“ über den Geltungsbereich einer von Ihnen als Beauftrage ausgestellten Lizenz bestimmen können – in meinen Worten „nach Gutsherrenart“. Und wenn ja, warum dies nicht schon vor zwei Jahren geschah. Den ganzen Streit und das jahrelange Verhandeln mit den Behörden und das quälende Warten hätte man sich dann ja sparen können. Ging es den Verfechtern doch fast einzig darum, bis 120 kg Leermasse medicalfrei nach LTF-2003 Geräte bauen und fliegen zu dürfen.

Der Verfasser wird versuchen, Stellungnahmen bei den Verbänden und bei der zuständigen Behörde einzuholen.                                                                                      (Dies ist mittlerweile geschehen: Siehe Beitrag vom 14. Juli 2012)

Gesetzesauslegung nach Gutsherrenart?

Die Bauvorschriften LTF-L für motorisierte 120 – Kilo – Dreiachser sind Fakt. Sie sind nach Recht und Gesetz zustande gekommen. Und sie sind die einzige rechtliche Basis, um motorisierte Dreiachser bis 120 kg Leergewicht nach Durchführung einer Musterprüfung mit der „kleinen“ Lizenz legal zu betreiben.

Dennoch wurde dem kleinen Verband DULSV, der die Bauvorschriften initiiert hatte, auf der AERO schlichtweg verboten, sogar ein unscheinbares A4 – Blatt mit dem Aufdruck „Infos zur 120 kg- Klasse“ aufzuhängen. Der DULSV ist „Untermieter“ beim DAeC-Stand. Der DAeC will ein gutes Verhältnis zum streitbaren DULV. Der DULSV hatte zu kuschen.

Gleichzeitig aber durfte ein Anbieter eines nach LTF-L nicht musterprüfungsfähigen Gerätes  unwidersprochen den Kaufinteressenten und der Presse auf der Messe Sonderbares verkünden: Nämlich dass sein Flieger, wenn er nur im 120 kg -Limit bleibt, medicalfrei mit der “kleinen“ Lizenz geflogen werden dürfe.  (Siehe auch den sehr guten 120 kg – Artikel von Peter Wolter im Fliegermagazin Nr.7)

Dieser Anbieter ist in der eigenwilligen wie eigennützigen Auslegung rechtlicher Zusammenhänge bzw. der Vermischung von Verbandsarbeit und Geschäftsbetrieb kein unbeschriebenes Blatt: Obwohl Hersteller / Importeur mit eindeutig wirtschaftlicher Interessenlage, war er selbst lange Zeit Mitglied der UL-Kommission. Diese hat sich, wenn auch erfolglos, für die Übernahme der bestehenden Bauvorschriften LTF-UL eingesetzt. Vielleicht war es nur Zufall, dass besagte LTF-UL die zwingende Voraussetzung gewesen wäre, um den eigenen Flieger  in die deregulierte 120 – Kilo – Klasse bringen zu können. Doch auch die auf einer anderen Messe gegenüber Kaufinteressenten getroffene Aussage, das Gewicht des Bugrades dürfe voraussichtlich bei einer 120 kg Musterprüfung „herausgerechnet“ werden, um im Gewichtslimit zu bleiben, sorgte für gewisse Irritationen.

Druck auf Andersdenkende

Wolfgang Lintl schreibt  in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der UL Bundeskommission in seinem Leserbrief in „Flügel“ Nr. 115 über die Vorkämpfer der LTF-L: „Spätestens auf der AERO in Friedrichshafen ist ihnen dann doch klar geworden, welche Fußfesseln sie sich mit dem Vorschlag eingehandelt haben. Seit der Zeit wird auch wieder miteinander geredet.“

Wer dabei war, der weiß, wie das Reden aussah: Dem 1. Vorsitzenden des DULSV wurde mitgeteilt, dass ein Antrag diskutiert werde, den DULSV wegen „verbandsschädigenden“ Verhaltens aus dem DAeC auszuschließen. Danach wurde in mehreren Einzelgesprächen auf den DULSV-Vorsitzenden eingewirkt. Der scheute den offenen Konflikt und erklärte sich am Ende um des lieben Friedens Willen bereit, in einem Schreiben an das LBA um Änderung wesentlicher Punkte nachzusuchen – vor allem die Streichung der 25 kg maximaler Flächenbelastung.

Dass ein solches Schreiben nur wenige Tage nach Veröffentlichung in den NfL vom Initiator eben dieser Bauvorschriften höchstselbst beim LBA nur verständnisloses oder verärgertes Kopfschütteln auslösen konnte, war den Anstiftern dieses Briefes klar. Aber ein wichtiges Ziel der LTF-L – Gegner war erreicht: Der kleine Segelflieger-Verband war als inkompetent und als „Umfaller“ lächerlich gemacht, Interessenten und Hersteller wurden verunsichert. Die Nachricht von der „Rolle rückwärts“ des DULSV wurde gezielt lanciert, und plötzlich gab es beim Betreiber dieser Seiten Nachfragen von Redakteuren, Prüfern und potenziellen Kunden, ob die LTF-L tatsächlich „zurückgezogen“ seien.

Gerüchte als Tatsachen verbreiten

Vor dem Hintergrund dieses Geschehens nimmt sich dann z.B. der DULV die Freiheit heraus, einem Anrufer frank und frei mitzuteilen, es sei beschlossene Sache, dass die 25 kg – Regel aus den Bauvorschriften wieder herausgenommen werde. Wer sich dann die Zeit nimmt, selbst einmal beim LBA anzurufen, erfährt freilich schnell, dass das Phantasiegespinste sind, mit denen der DULV und seine Mitstreiter eine Änderung herbeireden wollen, die in keiner Weise zur Diskussion steht.

Die Begrenzung der Flächenbelastung auf maximal 25 kg / qm ist das wesentliche „Rückgrat“ der LTF-L: Die Einhaltung dieser Regel kann von jedermann mit Maßband und Waage nachgeprüft werden. Das tricksende theoretische Herbeirechnen einer in der Praxis unerreichbaren Mindestgeschwindigkeit durch seltsame Profile und gewagte / teure Klappenkonstruktionen wird zuverlässig schon im Ansatz verhindert.

Die Idee der Deregulierung wird von keinem der großen Verbände gefördert.

Der DULV ist entschiedener Gegner einer Deregulierung im Gegenzug zu etwas Bescheidenheit in Sachen Performance. Falls die Medicalfreiheit für alle ULs kommt, will er die 120er Dreiachser-Idee ohnehin ersatzlos fallenlassen.

Der Vorsitzender der UL Bundeskommission spricht zwar formal für den DAeC, ist In der Praxis jedoch gleichzeitig auch  DULV- Vorstand und hat dort zumindest eine zweite Heimat.

Das Luftsportgeräte-Büro des DAeC schließlich begreift sich als rein aus- und durchführendes Organ auf Basis der bestehenden Gesetze und Vorschriften. Daher hält man sich dort aus allen „politischen“ Diskussionen zur Formulierung oder Änderung der Regelwerke heraus. Das ist sehr gut und eine pragmatische Position für eine möglichst reibungslose praktische Tagesarbeit – gerade auch mit Blick auf die Erweiterung der Prüfstelle für motorisierte 120 kg Dreiachser.

Zusammenfassend bedeutet das allerdings: Als „politisches“ Organ ist der DAeC in Sachen UL-Fliegerei ausschließlich über einen DULV-Vorstand präsent,  der in Personalunion Vorsitzender der UL – Kommission ist. Eine unglückliche Situation, welche die angestrebte Pluralität verwässert.

Es fehlt eine Interessenvertretung für deregulierte 120kg – Flieger.

Nachdem der DULSV nun eiligst von seinen Überlegungen zur Integration der 120 kg Motorflieger abgerückt ist, was seinen Konflikt mit den großen Verbänden heilen soll, besteht noch größerer Bedarf für einen durchsetzungsfähigen Verband, der sich für die Idee des wirklich leichten Fliegens engagiert. Er befindet sich bereits in Gründung. Er wird sich neben seinem Engagement für die „bescheidenen Deregulierten“ auch gegen „demokratieferne“ Verbandspraktiken wenden und vor allem ehrgeizig und streitbar darüber wachen, dass die Bauvorschriften nicht wieder durch Seilschaften mit defizitärem Rechtsbewusstsein ausgehöhlt beziehungsweise „aufgebohrt“ werden.

Ein spezieller Beitrag wird ausführlich auf den neuen Verband und seine Ziele eingehen. Zuvor wird aber noch über erfreuliche Neuigkeiten bei mehreren Fliegern zu berichten sein, die für die Musterprüfung nach LTF-L überarbeitet oder neu vorgestellt werden.