Aus Alt mach Neu: UL – LL Metamorphose

Immer häufiger machen Besitzer älterer UL-Muster von der neuen Freiheit Gebrauch, Ihr klassisches Gerät als LL eintragen zu lassen, wenn es denn – in der Minimal-Ausstattung – die Leergewichts-Grenze von 120 kg einhält.

Super Pelican 1

So ist gerade ein „Super Pelikan“ mit halbem VW – Motor für 7000,- Euro zu haben. Inseriert z.B. im AeroZentrum (Fotos) Den kleinen Schulterdecker kann man auch mit Türen versehen und im Winter geschlossen fliegen.

Super Pelican 2

Ein Glück, dass nun jede europäische UL-Zulassung die Voraussetzung erfüllt, ein Gerät als LL zu betreiben. Auch die alten deutschen Zulassungen nach BFU 95 („Bauvorschriften für Ultraleichtflugzeuge“). Die ganzen Klassiker wie auch die Ur-Motte von Platzer hätten sonst weiterhin nach den Regeln der „großen“ UL betrieben werden müssen.

Was ja ein Unding wäre (und lange Zeit war). Sind die kleinen Flieger der ersten Stunden doch Paradebeispiele für das bescheidene, einfache Fliegen, das mit der deregulierten 120 kg – Klasse ursprünglich ermöglicht werden sollte.

Rebell über den Nordsee-Inseln

Über die  kleinen Flieger der 120 kg – Klasse wird oft gesagt, dass sie nur zum Feierabend-Flug rund um den Heimatplatz taugen und im hohen Norden wegen der vorherrschenden stärkeren Winde schon mal gar nichts zu suchen haben.

https://youtu.be/hF3FWC_ZyIY

Dass das keineswegs so sein muss, belegt dieses Video von einem Flug aus dem Münsterland zu den Nordsee-Inseln. In genüsslich – beschaulicher Gangart verbrauchte der Briggs+Stratton Viertakter bei dieser Reise weniger als 4,5 Liter / Stunde. Da ergibt sich mit ausfliegbaren 23 Litern Tankfüllung eine Endurance von rund  5 Stunden. Sicher mehr, als man auch einem gut trainierten Allerwertesten freiwillig zumuten möchte. Aber wenn nach einem Drei-Stunden-Flug immer noch weitere 2 Stunden als Reserve zur Verfügung stehen, gibt das ein so beruhigendes Gefühl, dass bei der Flugvorbereitung praktisch nie mit spitzem Bleistift der Sprit kalkuliert werden muss.

P.S.: Manche werden jetzt kritisieren: „Schon wieder ein Bericht über den Rebell“. Meine Antwort: Ich würde mich sehr freuen, wenn ich von anderen Geräten Material zugeschickt bekäme. Aber weder vom „Relax“ noch vom „Sirocco“ oder vom „Ultracruiser“ ist wirklich Neues zu hören. Auch von nun als LL eingetragenen 120 kg -SD-1 ist mir nichts bekannt.

Also: Wer als Hersteller oder Pilot Neues in Sachen 120 kg – Klasse weiß, soll mir bitte einen kurzen Tipp geben. Mit Dank im Voraus und besten Grüßen, Mike

Zum Wiehern: 374.000 € Steuergeld für „tote“ Bauvorschrift LTF-L.

Die Pressestelle des niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr lässt die verdutzte Fliegergemeinde wissen: „Wirtschaftsminister Olaf Lies hat am Mittwoch, 27.07.2016 in Buxtehude einen Förderbescheid in Höhe von rund 374.000 Euro an das Unternehmen JH Aircrafts GmbH übergeben“. (Siehe Link unten)

Soll mit Steuergeldern und High-Tech trotz LTF-L -Bremse so schnell werden wie bislang nur nach LTF-UL 2003 möglich.

Corsair: Soll mit Steuergeldern und High-Tech trotz LTF-L -Bremse so schnell werden wie bislang nur nach LTF-UL 2003 möglich.

Jetzt wissen wir endlich, warum JH / Jörg Hollmann auf der Aero beim LL- Vortrag von Dipl. Ing. Schneider lauthals „gestänkert“ hat und auch auf seiner Homepage unbeirrt behauptet, die Bauvorschrift LTF-L sei nach wie vor maßgeblich für motorisierte 120 kg –Dreiachser. Wenn man große Summen Fördergelder erwartet, um nach LTF-L einen Flieger zu bauen, der so schnell ist wie ein kleiner Flieger nach LTF-UL 2003, dann ist es nicht geschäftsfördernd, wenn man zugeben muss, dass die Bauvorschrift LTF-L nur noch Makulatur und absolut „tot“ ist. Allein deshalb schon, weil es keine Prüfstelle dafür gibt und auch in Zukunft nicht geben wird. Es sei denn, Jörg Hollmann macht beim niedersächsischen Ministerium  nochmals knapp 100.000 € für die Einrichtung einer von der DAkkS abgenommenen Prüfstelle nach LTF-L locker.

SD-1: Mit klassischer Holz-Bauweise und kleinem Budget, aber ohne LTF-L Bremse auch für 160 km/h Reise in der 120 kg - Klasse gut.

SD-1: Mit klassischer Holz-Bauweise und kleinem Budget, aber ohne LTF-L Bremse auch für 160 km/h Reise in der 120 kg – Klasse gut.

Man mache sich das Ganze einmal in einfachen Worten klar: Da erlässt das Bundesministerium für Verkehr etc. ganz gezielt ein Gesetz, das die 120 kg Motor-Dreiachser durch riesige Flächen ganz bewusst fast so langsam und „harmlos“ macht wie die 120 kg – Trikes. Die in den Bauvorschriften LTF-L für motorisierte 120 kg – Dreiachser festgelegte maximale Flächenbelastung funktioniert als fest eingebaute, schwer zu umgehende  Dauerbremse. Weil nun mal erklärter Wille des Gesetzgebers / Bundesministeriums war, dass nichts Schnelleres innerhalb der Klasse der „leichten Luftsportgeräte“ in die Luft soll.

Dann stellt sich freilich heraus, dass in einem Nebensatz eben dieses „Bremsen-Gesetzes“ im Rahmen und im Namen der europäischen Einheit alle europäischen UL-Zulassungen anerkannt werden – obwohl die natürlich ohne die speziell deutsche LL- „Bremse“ auskommen. Das jahrelange Streiten, Gesetze- und Bauvorschriften-Basteln war also „für die Katz“.

Und nun kommt ein Landesministerium und gibt 374.000 € Steuergelder dafür aus, dass durch den Einsatz modernster Konstruktions- und Fertigungstechnologien ein LL trotz eingebauter Bremse nach LTF-L so schnell fliegen kann, wie es das Bundesministerium mit der Bremse verhindern wollte. Und das alles, obwohl es die Bremse – de facto –  schon längst nicht mehr gibt.

In einfachen Worten: Mit mit viel „Kohle“ in Form von Steuergeldern und Baumaterial wird der Hollmann-Corsair nach LTF-L in High-End-Technologie mühsam so leistungsfähig gemacht, wie es eine preiswerte Sperrholz-SD-1 nach LTF-UL 2003 schon längst ist.

Doch blicken wir über diesen Tellerrand mal hinaus: Die neu zu entwickelnden Bauweisen und Materialien können in einem zweiten Schritt für kleine 120 kg – Einsitzer entsprechend LTF-UL 2003 genutzt werden. Dann ist der damalige Alptraum des Bundesministeriums endlich Wirklichkeit: Ohne verpflichtende Jahresnachprüfung der Geräte und ohne Medical-Pflicht sausen kleine Einsitzer mit 250  km/h Reisegeschwindigkeit, aber ohne Kennzeichen quer durch Deutschland. Da kann man dann wahrscheinlich die Uhr danach stellen, wann der Gesetzgeber endgültig und erfolgreicher einen Riegel davor schiebt. Und wahrscheinlich auch gleich alle diejenigen mit bestraft, die ganz einfach und ohne Leistungswahn mit einem bescheidenen Flieger, dafür aber in herrlicher Selbstverantwortung das ursprüngliche Fliegen genießen wollen.

Niedersachsen fördert neuartiges Leichtflugzeug | Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkeh