Gesetzesauslegung nach Gutsherrenart?

Die Bauvorschriften LTF-L für motorisierte 120 – Kilo – Dreiachser sind Fakt. Sie sind nach Recht und Gesetz zustande gekommen. Und sie sind die einzige rechtliche Basis, um motorisierte Dreiachser bis 120 kg Leergewicht nach Durchführung einer Musterprüfung mit der „kleinen“ Lizenz legal zu betreiben.

Dennoch wurde dem kleinen Verband DULSV, der die Bauvorschriften initiiert hatte, auf der AERO schlichtweg verboten, sogar ein unscheinbares A4 – Blatt mit dem Aufdruck „Infos zur 120 kg- Klasse“ aufzuhängen. Der DULSV ist „Untermieter“ beim DAeC-Stand. Der DAeC will ein gutes Verhältnis zum streitbaren DULV. Der DULSV hatte zu kuschen.

Gleichzeitig aber durfte ein Anbieter eines nach LTF-L nicht musterprüfungsfähigen Gerätes  unwidersprochen den Kaufinteressenten und der Presse auf der Messe Sonderbares verkünden: Nämlich dass sein Flieger, wenn er nur im 120 kg -Limit bleibt, medicalfrei mit der “kleinen“ Lizenz geflogen werden dürfe.  (Siehe auch den sehr guten 120 kg – Artikel von Peter Wolter im Fliegermagazin Nr.7)

Dieser Anbieter ist in der eigenwilligen wie eigennützigen Auslegung rechtlicher Zusammenhänge bzw. der Vermischung von Verbandsarbeit und Geschäftsbetrieb kein unbeschriebenes Blatt: Obwohl Hersteller / Importeur mit eindeutig wirtschaftlicher Interessenlage, war er selbst lange Zeit Mitglied der UL-Kommission. Diese hat sich, wenn auch erfolglos, für die Übernahme der bestehenden Bauvorschriften LTF-UL eingesetzt. Vielleicht war es nur Zufall, dass besagte LTF-UL die zwingende Voraussetzung gewesen wäre, um den eigenen Flieger  in die deregulierte 120 – Kilo – Klasse bringen zu können. Doch auch die auf einer anderen Messe gegenüber Kaufinteressenten getroffene Aussage, das Gewicht des Bugrades dürfe voraussichtlich bei einer 120 kg Musterprüfung „herausgerechnet“ werden, um im Gewichtslimit zu bleiben, sorgte für gewisse Irritationen.

Druck auf Andersdenkende

Wolfgang Lintl schreibt  in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der UL Bundeskommission in seinem Leserbrief in „Flügel“ Nr. 115 über die Vorkämpfer der LTF-L: „Spätestens auf der AERO in Friedrichshafen ist ihnen dann doch klar geworden, welche Fußfesseln sie sich mit dem Vorschlag eingehandelt haben. Seit der Zeit wird auch wieder miteinander geredet.“

Wer dabei war, der weiß, wie das Reden aussah: Dem 1. Vorsitzenden des DULSV wurde mitgeteilt, dass ein Antrag diskutiert werde, den DULSV wegen „verbandsschädigenden“ Verhaltens aus dem DAeC auszuschließen. Danach wurde in mehreren Einzelgesprächen auf den DULSV-Vorsitzenden eingewirkt. Der scheute den offenen Konflikt und erklärte sich am Ende um des lieben Friedens Willen bereit, in einem Schreiben an das LBA um Änderung wesentlicher Punkte nachzusuchen – vor allem die Streichung der 25 kg maximaler Flächenbelastung.

Dass ein solches Schreiben nur wenige Tage nach Veröffentlichung in den NfL vom Initiator eben dieser Bauvorschriften höchstselbst beim LBA nur verständnisloses oder verärgertes Kopfschütteln auslösen konnte, war den Anstiftern dieses Briefes klar. Aber ein wichtiges Ziel der LTF-L – Gegner war erreicht: Der kleine Segelflieger-Verband war als inkompetent und als „Umfaller“ lächerlich gemacht, Interessenten und Hersteller wurden verunsichert. Die Nachricht von der „Rolle rückwärts“ des DULSV wurde gezielt lanciert, und plötzlich gab es beim Betreiber dieser Seiten Nachfragen von Redakteuren, Prüfern und potenziellen Kunden, ob die LTF-L tatsächlich „zurückgezogen“ seien.

Gerüchte als Tatsachen verbreiten

Vor dem Hintergrund dieses Geschehens nimmt sich dann z.B. der DULV die Freiheit heraus, einem Anrufer frank und frei mitzuteilen, es sei beschlossene Sache, dass die 25 kg – Regel aus den Bauvorschriften wieder herausgenommen werde. Wer sich dann die Zeit nimmt, selbst einmal beim LBA anzurufen, erfährt freilich schnell, dass das Phantasiegespinste sind, mit denen der DULV und seine Mitstreiter eine Änderung herbeireden wollen, die in keiner Weise zur Diskussion steht.

Die Begrenzung der Flächenbelastung auf maximal 25 kg / qm ist das wesentliche „Rückgrat“ der LTF-L: Die Einhaltung dieser Regel kann von jedermann mit Maßband und Waage nachgeprüft werden. Das tricksende theoretische Herbeirechnen einer in der Praxis unerreichbaren Mindestgeschwindigkeit durch seltsame Profile und gewagte / teure Klappenkonstruktionen wird zuverlässig schon im Ansatz verhindert.

Die Idee der Deregulierung wird von keinem der großen Verbände gefördert.

Der DULV ist entschiedener Gegner einer Deregulierung im Gegenzug zu etwas Bescheidenheit in Sachen Performance. Falls die Medicalfreiheit für alle ULs kommt, will er die 120er Dreiachser-Idee ohnehin ersatzlos fallenlassen.

Der Vorsitzender der UL Bundeskommission spricht zwar formal für den DAeC, ist In der Praxis jedoch gleichzeitig auch  DULV- Vorstand und hat dort zumindest eine zweite Heimat.

Das Luftsportgeräte-Büro des DAeC schließlich begreift sich als rein aus- und durchführendes Organ auf Basis der bestehenden Gesetze und Vorschriften. Daher hält man sich dort aus allen „politischen“ Diskussionen zur Formulierung oder Änderung der Regelwerke heraus. Das ist sehr gut und eine pragmatische Position für eine möglichst reibungslose praktische Tagesarbeit – gerade auch mit Blick auf die Erweiterung der Prüfstelle für motorisierte 120 kg Dreiachser.

Zusammenfassend bedeutet das allerdings: Als „politisches“ Organ ist der DAeC in Sachen UL-Fliegerei ausschließlich über einen DULV-Vorstand präsent,  der in Personalunion Vorsitzender der UL – Kommission ist. Eine unglückliche Situation, welche die angestrebte Pluralität verwässert.

Es fehlt eine Interessenvertretung für deregulierte 120kg – Flieger.

Nachdem der DULSV nun eiligst von seinen Überlegungen zur Integration der 120 kg Motorflieger abgerückt ist, was seinen Konflikt mit den großen Verbänden heilen soll, besteht noch größerer Bedarf für einen durchsetzungsfähigen Verband, der sich für die Idee des wirklich leichten Fliegens engagiert. Er befindet sich bereits in Gründung. Er wird sich neben seinem Engagement für die „bescheidenen Deregulierten“ auch gegen „demokratieferne“ Verbandspraktiken wenden und vor allem ehrgeizig und streitbar darüber wachen, dass die Bauvorschriften nicht wieder durch Seilschaften mit defizitärem Rechtsbewusstsein ausgehöhlt beziehungsweise „aufgebohrt“ werden.

Ein spezieller Beitrag wird ausführlich auf den neuen Verband und seine Ziele eingehen. Zuvor wird aber noch über erfreuliche Neuigkeiten bei mehreren Fliegern zu berichten sein, die für die Musterprüfung nach LTF-L überarbeitet oder neu vorgestellt werden.