Zweiter Hoffnungsträger: Senkrechtstarter SD -1
Die tschechische SD-1, eine Konstruktion von Igor Spacek, wurde für die 120 kg – Klasse entwickelt, als die aerodynamisch gesteuerten Motorgeräte von den deregulierten „Leichten Luftsportgeräten“ noch lange ausgesperrt waren.
Das hinderte den kleinen, kostengünstig im Amateurbau herstellbaren Tiefdecker nicht daran, sehr schnell als „normales“ UL eine engagierte Fan-Gemeinde um sich zu scharen. Lustiger Weise in vorderster Front in Frankreich, wo es ja gar keine 120 kg – Klasse gibt, da dort alle UL „dereguliert“ sind. Dann aber bald auch in Deutschland, wo sich Uwe Post als Importeur intensiv für den kleinen Flitzer einsetzte.
Dieser bedingungslose Einsatz machte nicht einmal vor recht eigenwilligen Interpretationen der dann nach langem Streit endlich verabschiedeten Bauvorschriften halt: Uwe Post wollte einfach nicht akzeptieren, dass sein kleiner Flieger wegen der Begrenzung der Flächenbelastung auf maximal 25 kg / qm nicht den Hauch einer Chance hatte, als LL / Leichtes Luftsportgerät anerkannt zu werden. Er warb so streitbar wie fröhlich auf der AERO mit der Aussage um Käufer, dass die SD-1 ohne Medical mit dem LL-Schein betrieben werden dürfe. Was zu dem einen oder vielleicht auch anderen ungültigen Kaufvertrag führte.
Rückblickend kann man aber nun sagen, dass Uwe Post nur in vorauseilender Handhabung der Rechtslage einer hellseherischen Eingebung folgte: Seit Januar 2016 liegt dem 120 kg – Verband (Damals noch VMLL, heute DVLL) die schriftliche Bestätigung des Ministeriums vor, dass auch eine deutsche UL-Zulassung entsprechend LTF-UL 2003 (wie jede andere europäische UL-Zulassung) als Voraussetzung akzeptiert wird, um ein Gerät als LL einzutragen, wenn das Leergewicht im 120 kg – Limit bleibt. Kurz: Das Leergewicht ist seither wie bei den Trikes auch bei den Motor-Dreiachsern das einzige Differenzierungskriterium zwischen UL und LL.
Jede – auch ältere – SD-1 mit UL-ZUlassung konnte fortan als LL eingetragen werden, sofern ein Leergewicht unter 120 kg nachgewiesen ist. Doch nun war es Uwe Post, der als ehemals verschmähter Anbieter zunächst stolz die Nase rümpfte und sich wenig interessiert zeigte.
Aber Uwe Post hat nicht nur Stolz, er ist ist als Importeur der SD-1 in erster Linie auch Unternehmer, also Geschäftsmann. Und in dieser Eigenschaft hielt er dem schlagartigen Einsetzen des Marktdrucks nicht lange stand. Einfach zu viele klopften mit dem Scheckbuch wedelnd bei ihm an und wollten endlich das, auf was sie wegen der restriktiven Haltung des Ministeriums so lange verzichten mussten: Eine 100 Prozent legale LL- SD-1, die sorgenfrei mit dem „kleinen“ Schein betrieben werden konnte.
Ohne weitere Werbemaßnahmen, da Uwe Post in Sachen LL noch sehr zögerlich war, begann da „aus dem Nichts“ der Senkrechtstart der SD-1 als Leichtes Luftsportgertät. Dieser Trend wurde dadurch begünstigt, dass die Maschine in vielen Details über die Jahre hinweg auch in Sachen Leergewicht optimiert wurde und nun – marketingtechnisch ausgedrückt – in der Kombination dieser Eigenschaften eine „Unique Selling Proposition“ zu bieten hat:
- Viertaktmotor. Insbesondere der Briggs und Stratton hatte sich als geeignet erwiesen. Die ersten 120 kg – Versionen aus früheren Zeiten konnten nur mit dem leichten, aber unbeliebten Zweitakter Hirth F33 realisiert werden.
- Geschlossenes Cockpit, daher auch im Winter komfortabel zu betreiben. Und für den Sommer ist der Wechsel auf eine Cabrio-Haube möglich.
- Deutlich überlegene Flugleistungen. Die SD-1 ist bis heute das einzige als LL eintragbare Muster, das sich mit einem Speed-Horizont von 200 km/h nicht hinter „normalen“ UL einfacherer Bauart verstecken muss.
- Sehr gute Preis-/ Leistungs-Relation. Die ansprechenden Flugleistungen werden nicht mit teuren High-End-Materialien erzielt, sondern mit klassischem Holzbau. Die SD-1 ist damit ideal, um als Amateurbauer sehr gut und günstig in die Luft zu kommen. Entsprechend bietet der Importeur verschiedene Bausätze an.
In der Wunschliste des Marktes fehlt eigentlich nur noch die Bugradversion. Die aber konnte bzw. wollte Uwe Post innerhalb des 120 kg – Limits nicht realisieren. Bei Anwendung der üblichen und durchaus legalen Definition des Leergewichts oder gar bei einer Zulassung über Frankreich (Rettung kann herausgerechnet werden) wäre das aber durchaus möglich, denn die offizielle DULV-Wägung bei der UL-Zulassung hat einen entsprechenden Spielraum nachgewiesen. Siehe Blog-Artikel 22. Juni 2017 „Deutscher Meister im Fliegergewicht“
Ernsthafte Interessenten fürs Bugradfahrwerk sollten bei Uwe Post daher ruhig beharrlich nachfragen. Irgendwann lässt er sich er auch hier vielleicht „erweichen“, das Bugradfahrwerk über den branchenüblichen Nachweis des Leergewichts einer ansonsten stark abgespeckten Basis-Version in das 120 kg – Angebot zu integrieren.
Mit den Bauvorschriften bzw. rechtlichen Rahmenbedingungen steht Uwe Post übrigens auch heute noch (siehe oben) etwas auf Kriegsfuß. So lesen wir (05.08.18) auf der SD-Homepage:
„Die SD-1 wird als LL (leichtes Luftsportgerät) nach LTF-L 2012 zugelassen“
Das ist natürlich schlicht Unsinn. LTF-L 2012 schreibt maximal 25 kg / qm Flächenbelsatung vor und eine Mindestgseschwindigkeit von 55 km/h. Es ist die Bauvorschrift, wegen der die SD-1 damals zum großen Ärger von Uwe Post in Sachen 120 kg ausgesperrt blieb. Denn die SD-1 hat 40 kg /qm Flächenbelastung und schafft in zweiter Klappenstellung mit Hängen und Würgen gerade mal 64 km/h. Ohne Klappen hört sie knapp unter 80 km/h auf zu fliegen. Aber damit erfüllt sie die UL-Bauvorschrift LTF-UL 2003, die eben spätestens seit Ende 2015 als „höherwertiger“ Ersatz statt einer Prüfung nach LTF-L 2012 anerkannt wird – so wie andere europäische UL-Zulassungen auch. Und mit einem Leergewicht unter 120 kg können dann DULV und DAeC den Flieger als LL ausweisen und eintragen. Ansonsten bleibt er ein UL, auch wenn er unter 120 kg wiegt.
Benchmark LL-Antrieb
Wenn nicht Antriebe zur Verfügung stehen, die sowohl in Fragen der Zuverlässigkeit als auch in der Gasannahme und der akustischen Anmutung den Ansprüchen heutiger Piloten genügen, wird die LL-Klasse der Dreiachser zu einer schwindsüchtigen Randerscheinung verurteilt sein. Für die SD-1 hat Igor Spacek die Antriebs – Aufgabe mustergültig gelöst. Der relativ leichte SE-33, ein nicht getunter Briggs+Stratton mit 810 ccm und 33 PS, kommt bei den schnellen SD-1 im Direktantrieb ohne Getriebe aus und ist so innerhalb des 120 kg – Limits problemlos darstellbar.
Schon die auf 30 bis 33 PS getunten 640 ccm Briggs + Stratton haben (abhängig von der Qualität des Tuners) in anderen LL eine hohe Zuverlässigkeit nachgewiesen. Ein nicht getunter B+S, der in seiner Anwendung als Stationärmotor und Antrieb für Aufsitz-Mäher für viele hundert Stunden klaglosen Betriebs trotz härtester Betriebsbedingungen bekannt ist, darf aber fraglos als die erstrebenswertere Variante angesehen werden. Bei derartigen Stationär-Motoren mit recht billig gemachtem Ventiltrieb (ausreichend in Verbindung mit dem serienmäßigen Drehzahlbegrenzer) ist es ganz einfach besser, die Leistung aus dem Hubraum zu holen – und nicht aus der per Tuning angehobenen Drehzahl.
Kurz: Die SD-1 ist bislang unter den am Markt befindlichen LL in Sachen Antrieb fraglos Benchmark. Um diesen Motor, den Igor Spacek auch anderen LL-Herstellern als Komplett-Lösung „Firewall Forward“ liefern würde, auch für langsamere Geräte nutzen zu können, müsste ein Getriebe ergänzt werden. Dieses Zusatzgewicht macht den Motor, dann aber für die meisten Flieger zu schwer.
Randbemerkung dazu: Uwe Post weist als Preis für den SE – 33 Motor 6.500 Euro inklusive Mehrwertsteuer aus (Der Komplette Motor-Bausatz mit wirklich allem Drum und Dran kostet 9000,- Euro). Das ist in den Augen vieler LL-Interessenten zu viel Geld für einen LL-Motor. Vielleicht ist daher ein rückerinnernder Vergleich zu den „normalen“ UL sinnvoll: Damals wurde auch der Rotax 912 zunächst mehrheitlich als „eigentlich“ total überteuert für die „Ultraleichten“eingestuft. Und viele UL-Hersteller haben versucht, auf Alternativen z.B. mit dem damaligen Verner-Boxer oder die klassischen VW – Derivate auszuweichen. Alle sind nolens volens zum „überteuerten“ Rotax zurückgekommen. Und ohne diesen Antrieb, der behutsam, aber beharrlich über die Jahre weiterentwickelt wurde und heute die Zuverlässigkeit der alten E-Klasse -Flugmotoren erreicht und übertroffen hat, hätte sich die Klasse der „Fetzenflieger“ niemals zu dem entwickeln können, der sie heute ist: Die weltweit erfolgreichste Flugzeug-Gattung überhaupt.
Kritische Punkte an der heute sehr ausgereiften SD-1 gibt es keine, wenn man sich mit dem Geräte – Konzept identifizieren kann:
- Der Flieger ist sehr klein, vor allem mit 4,4 m Rumpflänge sehr kurz. Das fordert bei Start und Landung auf holprigen Graspisten, auf denen auch etwas längere Flieger zum Hopsen neigen, einen gewissen Tribut. Aber dafür wird der Pilot mit einer spielerisch verfügbaren Reiseleistung von über 160 km / verwöhnt.
- Die hohen Flugleistungen, vor allem die mit knapp 80 km/h recht hohe Vmin in Clean-Configuration sind nicht das, was ursprünglich die „Low- And – Slow-Idee“ der LL-Klasse war: Simple Geräte, die wegen einer sehr geringen V min auch von Durchschnittspiloten zur Not praktisch überall gelandet werden können.
Wen ein solches Konzept anspricht, das nun auch legal in die LL -Klasse integrierbar wurde, ist mit der SD-1 optimal bedient. Das gilt inzwischen auch für hochgeschossene Piloten bis 2 Meter Körperlänge. Die auf der AERO 2018 vorgestellte XL-Version, die als LL im 120 kg – Limit geliefert werden kann, hat den letzten Wermutstropfen ausgemerzt, den recht beschränkten Raum unter der normalen Haube.
Und nicht zuletzt: Uwe Post mit seinen SD-Planes ist nun schon über viele Jahre zu einer verlässlichen und sehr aktiven Institution in der Branche geworden. Dabei hilft ihm auch seine anerkannte Kompetenz als Pilot. Und er hat es geschafft, die SD-1 -Piloten in einer Gruppe zu binden, die sich jährlich zu einem Erfahrungsaustausch und geselligem Beisammensein trifft. Zukünftige SD-1 -Eigner haben daher bei allen Fragen neben Uwe Post auch immer erfahrene Ansprechpartner unter den SD-1-Piloten.
Dritter Hoffnungsträger: Roman Wellers Kultflieger „Rebell“
Demnächst an dieser Stelle 🙂
Hallo Mike,
Klasseberichte, bitte weiter so!
LG: Siggi