Endlich mal wieder frischer Wind in der 120 kg – Klasse: DRACULA 120

Wer auf der AERO 2022 war, konnte den Prototypen dieser Neuentwicklung in der Version mit E-Antrieb bereits begutachten. Damals gab es noch keinen Importeur für Deutschland, und außerdem ist ja schon so manche vielversprechende Neuvorstellung still und leise wieder in der Versenkung verschwunden. Anders beim DRACULA 120:

Hersteller mit solidem Background und Erfahrung

AVI Aircraft, ein Teil der AVI-Gruppe, ist in Rumänien eine „Institution“ und Mitglied der LAMA (LIGHT AIRCRAFT MANUFACTURERS ASSOCIATION). AVI entwickelt und liefert seit 35 Jahren für die General Aviation anspruchsvolle „Composite-Solutions“. Der umtriebige AVI-Boss  Radu Berceanu startete mit diesem professionellen Know-How die Entwicklung eigener, kleiner Luftfahrzeuge für Hobby-Piloten. Und zwar dort, wo der professionelle Leichtbau am wichtigsten ist: In der 120 kg – Klasse. Als eine der ersten LL-Neuentwicklungen mit geschlossenem Cockpit brachte er den SWAN 120 auf den Markt, der z. B auch beim DVLL zur Umschulung und Charter genutzt wird.

Durch die unveränderte Verwendung des Leitwerks und der Flächen des SWAN konnte AVI in relativ kurzer Zeit einen äußerst ansprechenden Tiefdecker entwickeln und in Rumänien als Ultraleichtflugzeug zulassen. Was natürlich für den DRACULA – Interessenten erfreulich ist: Diese wesentlichen Gleichteile sind nun schon über Jahre erprobt und endsprechend sicher. Und trotz dieser Gleichteile, die auch eine wirtschaftlichere Produktion und Ersatzteilversorgung ermöglichen, ist ein Flieger mit sehr eigenständigem, sympathischem und etwas „frechem“ Charme entstanden.

Vertrieb in Deutschland durch einen qualifizierten Spezialisten

Ein Importeur „Leichter Luftsportgeräte“, der sich primär als Händler bzw. Kaufmann begreift, wird in der Regel nicht glücklich. Zu wenig gibt es beim Verkauf preiswerter Flieger zu verdienen. Und zu viele kleinere wie größere technische Problemchen gilt es im Sinne des Kunden nach dem Kauf und während des Betriebs über die Jahre hinweg zu lösen.

Die Firma Reuter Fluggeräte ist schon lange durch den Import und Verkauf von Motorschirmen zu einer festen Größe in der Branche geworden. Vor allem aber hat sich Christian Reuter durch sein ganz besonderes „Händchen“ für kleine Motoren einen Namen gemacht. Ich werde nie vergessen, wie mir beim Einfliegen eines neuen Null-Stunden-LL im Sinkflug die Gasbetätigung „einfror“ – der Polini-Motor nahm die Befehle für mehr oder weniger Gas einfach nicht mehr an. Nach glücklicher Notlandung quer zum Platz genügte ein Anruf bei Christian für die spontane, richtige Diagnose: Ein nur scheinbar unnötiges, offenes T-Stück in der Entlüftung war beim Einbau weggelassen worden.

Kurz: Da die Mehrzahl der „DRACULAS“ mit dem Polini 303 ausgestattet werden dürfte, hat man mit dem „Polini-Pabst“ Christian Reuter wohl den besten technischen Ansprechpartner, den man sich wünschen kann.

AVI Aircraft hat die DRACULA -Varianten klug gewählt

Der DVLL, das Luftsprtgeräte – Büro des DAeC und praktisch alle LL- Freunde wünschen sich dringlichst eine Erhöhung des Leergewichts z. B. auf 150 kg. Dann endlich könnten praktisch alle Hersteller zuverlässigere und anrainerfreundliche Viertaktmotoren einsetzen. Ob und wann eine Erhöhung kommt, ist jedoch noch völlig ungewiß. Die „etablierten“ Anbieter haben sich unter enorm großem finanziellem wie zeitlichem Aufwand mit dem strengen 120 kg – Limit arrangiert. Sie wollen natürlich Ihre mühsam und teuer erkaufte Position im Markt nur ungern eintauschen gegen einen zukünftigen Aufschwung der gesamten LL-Klasse. Denn dann könnten zusätzliche Anbieter auch ohne spezielles, ausgereiztes Leichtbau-Know-how attraktive Flieger mit Viertaktmotoren anbieten.

Der „Kuchen“ würde dabei durch zusätzliche „Mit-Esser“ geteilt. Was diese auf den eigenen Vorteil ausgerichtete Sichtweise nicht berücksichtigt: Wenn man die Wünsche und Träume der bislang zögernden Piloten erfüllt, wächst der „Kuchen“, den es zu verteilen gilt. Mit dem Angebot geschlossene Flieger mit Viertaktmotor und gewohntem Bugradfahrwerk würde sich die Anzahl potenzieller Käufer sicher schlagartig verdoppeln, eher sogar verdreifachen.

Doch wie auch immer dieses Tauziehen enden wird: AVI Aircraft ist mit den unterschiedlichen Ausführungen des DRACULA in jedem Fall sehr gut aufgestellt. Kommt eine Erhöhung des Leergewichts, gibt es bereits jetzt die vom Hersteller z. B. für Frankreich empfohlene Variante DRACULA 140. Und auf der AVI-Homepage ist auch bereits ein Briggs + Stratton Viertakter als Antriebsalternative gelistet.

Doch das ist „Zukunftsmusik“ und Spekulation. Gerade auch für die Gegenwart und die überschaubare Zukunft ist AVI durch den DRACULA 120 mit dem Polini 303 erfolgversprechend aufgestellt. Daneben auch mit einer E-Version, über die schon bald in einem separaten Beitrag berichtet werden wird.

DRACULA 120: In Ausstattung, Preis und Leistung ein rundes Paket

Die von Reuter Fluggeräte tiefstapelnd als „Standard“ angebotene Konfiguration des DRACULA 120 mit Polini 303 DS (Doppelzündung) ist in Wahrheit bereits ein recht gut ausgerüsteter und sehr modern instrumentierter Flieger. Für rund 37.800,- Euro – alle Preise hier Inklusive Mehrwertsteuer – gibt es einen Dreiblatt-Propeller von E-Props, ein 80 mm EFIS (!) IDF-NET EVO, ein EMS Henry FlyMeter, eine robuste 2mm Frontscheibe / Kabinenhaube, einen Kevlar-Karbon-Sitz und eine Carbon- Instrumententafel. Die serienmäßigen Räder 4.00 x4″ erfüllen bei einem so leichten Flieger ihren Zweck, und der 28 Liter-Tank läßt bei dem geringen Verbrauch des Polini 303 keinen Wunsch nach Vergrößerung aufkommen. Eine eher psychologische Einschränkung der „Standardausführung“ besteht darin, dass die Landeklappen fixiert sind. Das spart die 1,8 kg Gewicht des elektrischen Antriebs, der als Option geordert werden kann.

Da aber ein 120 kg -Flieger mit über 10 qm Flügelfläche – rational betrachtet – bestimmt keine Landeklappen benötigt, ist das kein wirklicher Nachteil. Und da ein LL wegen der geringen kinetischen Energie auch keine heftig zupackenden Bremsen benötigt, sondern nur eine „Anhaltevorrichtung“, ist auch die einzelne Scheibenbremse im Vorderrad objektiv kein Mangel, sondern erfüllt zu 100% die Anforderungen beim Anhalten sowie beim Leistungs- und Zündungs-Check vor dem Start. In dieser Standard-Ausführung wiegt der Flieger 112 kg.

Was aber für fast alle Interessenten noch hinzugerechnet werden muss, sind die 7 kg und 4.500 Euro für das Rettungssystem, wenn man nicht mit Personenfallschirm fliegen will – was vom Luftsportgeräte-Büro oder DULV aber im Einzelfall genehmigt werden muss. Für den Einsatz als deutsches LL kostet der flugfertige DRACULA 120 also 42.300,- Euro und wiegt 119 kg.

Spielraum für Optionen vergrößern

Sinnvoll ist die Option einer Lithium-Batterie mit BMS und Überspannungsschutz für 467,- Euro Aufpreis. Denn sie reduziert das Gewicht um 2 kg. Für Optionen, die mitgewogen werden müssen, sind daher dann noch 3 kg frei. (Funkgeräte sind für LL nicht vorgeschrieben und können inklusive Antenne und Kabel herausgerechnet werden, ebenso Instrumente, die über die vorgeschriebene MIndestausrüstung hinausgehen. Funk und Transponder können daher auch gleich bei REUTER Fluggeräte mit geordert werden.)

So ist noch Spielraum für die nicht nötigen, aber reizvollen elektrisch betätigten Landeklappen oder die 2 kg schwereren 8-Zoll-Räder. Möglich ist auch beides: Die 8-Zoll-Räder können zusätzlich zur Standard-Bereifung geordert und eingebaut werden. Denn Zubehör, das einfach und schnell in den Originalzustand rückgerüstet werden kann, zählt ebenfalls nicht zum Leergewicht.

Flugleistungen im Vergleich: Links DRACULA 120, rechts SWAN 120

In den Unterlagen von AVI Aircraft werden für SWAN und DRACULA mit einer Ausnahme identlische Daten aufgeführt: Nur in der Maximal- und Reisegeschwindigkeit ist der DRACULA 10 km/h schneller. Das leuchtet ein. Der nach dem Cockpit stark, aber weich eingeschnürte Rumpf (wie bei fast allen modernen ULs) verleiht dem DRACULA eine deutlich bessere Aerodynamik. Dadurch müsste in der Praxis die Reichweite auch etwas höher sein als beim SWAN.

Aber mit identischen Flächen ist der DRACULA keineswegs leistungsorientiert, sondern bleibt sicherlich so gutmütig im Flugverhalten wie der SWAN. Größter Unterschied dürfte das längere Ausschweben auf dem „Tiefdecker-Luftkissen“ sein, was bei der sehr schnell schwindenden kinetischen Energie wohl etwas mehr Präzision verlangt, um die Landung nicht unerwartet hoch zu beenden.

Mobilität und Transport ab Werft

Ein Wermutstropfen ist in der Preisliste die Position „Transport von Bukarest nach Deutschland“ mit ca. 2.250,- Euro. Wem es nichts ausmacht, auch längere Strecken mit einem Anhänger zu fahren und das nötige Zeitbudget hat, sollte daher den Kauf eines für den DRACULA ausgelegten Anhängers in Betracht ziehen. Die offene Version kostet kaum mehr als der Transport, nämlich 2.350 Euro. Noch besser ist freilich die geschlossene Version, eine Spezialanfertigung mit exakten Befestigungspunkten für Rumpf und Flächen – siehe Abbildung.

Er kostet 4050,- Euro. Also nur 1800,- Euro, wenn man den ersparten Transport dagegen anrechnet. Freilich: Je nach Zugfahrzeug kommen noch Spritkosten hinzu. Da Anhänger und Flugzeug zusammen aber nur etwa 460 bis 470 kg wiegen, ist der Transport auch mit sehr kleinen, sparsamen Autos möglich.

Ein Besuch der AERO 2023 in Friedrichshafen lohnt sich

Voraussichtlich ist der DRACULA 120 auf dem Stand des DVLL zu besichtigen. Zu weiteren Themen des DVLL, der Elektroversion des DRACULA 120 und seinem neuen Cockpit-Design folgt vorab ein weiterer Bericht.

Aktualisierung: Der DRACULA ist auf der AERO zu besichtigen in Halle B4 auf dem AVI – Stand Nummer 201

Kontaktadressen

Importeur und Musterbetreuer für Deutschland: Reuter Fluggeräte, Hauptstraße 43, 56412 Holler, Tel. 02602 9995477, info@reuter-fluggeraete.de

Hersteller: AVI Aircraft, Strada Mihai Eminescu, Tâncăbești 077165, Rumänien, https://www.aviaircraft.com/

https://www.youtube.com/watch?v=7XJSkflVTjw

https://www.youtube.com/watch?v=DBjEB3I3eFM

8 Gedanken zu „Endlich mal wieder frischer Wind in der 120 kg – Klasse: DRACULA 120

  1. Es sollte vor allem der Ultracruiser 120 von Sven erwähnt werden! Ein wirkliches Herzensprojekt von Ihm, über Jahre jetzt hat er endlich die französische Zulassung bekommen und sich in der Zeit durch diverse Hürden gekämpft!

  2. Ein zweifelsfrei schöner Flieger, der direkt auf Marktposition der SD1 abzieht. Langlebig dank CFK/Gfk Bauweise.
    Aber wer will heute noch Zweitakter fliegen? Warum sind Rebell und SD1 denn Erfolgreich?
    Pollini hat gleich von Anfang alles Vertrauen hinsichtlich Zuverlässigkeit, Preis-Leistung und Support komplett verspielt. Ohne ein B&S Derivat als Antrieb sehe ich keinen Markt Chance für das Konzept.
    150kg wären gewiss ein die Lösung für das 4-Takt Problem, aber bitte konsequent ohne (!!!) neue Verschärfung der Regularien.

  3. Preislich hat man sich hier gleich an der Spitze platziert. Bei einem Motorpreis von ca. 3,5T€ sind 37T€ für die Zelle und Zubehör zu veranschlagen.
    Wo sind den die Stundenpreise für Arbeiten in Rumänien heute….
    So ein Konzept darf nicht über 30T€ liegen.
    Es wurde hier im Blog schon schön ausformuliert, ein 120kg darf nicht mehr als ein Motorrad kosten.

  4. Preislich hat man sich hier gleich an der Spitze platziert. Bei einem Motorpreis von ca. 3,5T€ sind 37T€ für die Zelle und Zubehör zu veranschlagen.
    Wo sind den die Stundenpreise für Arbeiten in Rumänien heute….
    So ein Konzept darf nicht über 30T€ liegen.
    Es wurde hier im Blog schon schön ausformuliert, ein 120kg darf nicht mehr als ein Motorrad kosten.

  5. 40T€ sind viel zu teuer! Ein 120kg UL darf nicht mehr als ein Motorrad. Das wurde ja hier im Blog schon schon ausgeführt.
    Der Swan hat übrigens vor 6 Jahren incl. MwSt noch 30T€ gekostet (mit dem Thor 250).
    Bei einem Motorpreis für den Pollini 303 von knapp 3,7T€ sind jetzt 35T€ nur für die Zelle und Zubehör zu veranschlagen.
    Man vergisst anscheinend, dass man mit einem guten Gebrauchtmarkt mit 912 konkurriert. Der 912 funktioniert jedenfalls!!!
    Dem Swan einen neuen Rumpf zu verpassen reicht nicht. Wo ist der 4-Takter?

  6. Die Preisdaten im Artikel sind veraltet. Wir sind nun bereits bei 50.000 Euro (mit MWST – was sonst ), nachdem diese Woche kräftig erhöht wurde. Und der Hersteller/Vertrieb bietet noch nicht einmal ein Testflugzeug vor Ort an!!! Unabhängige Berichte – ausser schlechten YouTube-Videos- gibt es auch nicht. Man kauft also blind.
    Meine Bitte an den Author wäre, die Preise anzupassen.

  7. Hallo Zusammen,
    ich betreibe seit 2017 einen SONG e-Drive. Der Flieger hat mich im Flug noch nie im Stich gelassen. Ohne Thermik ist maximal eine Stunde Flug möglich. Das reicht von EDPJ aus für 6 der umliegenden Flugplätze zum Kaffee trinken. Bei guter Thermik war ich auch mal viereinhalb Stunden in der Luft.
    Jetzt fühle ich mich aber alt genug, um die Fliegerei doch an den Nagel zu hängen. Leider habe ich keine Erfahrung im LFZ-Handel. Kann irgend jemand Tipps geben?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert