Dritter Hoffnungsträger: Roman Wellers Kultflieger „Rebell“
Bestimmt grummelt jetzt der eine oder andere vor sich hin, dass ich in Sachen „Rebell“ und Roman Weller wohl etwas befangen sei. Meine Antwort: Na klar! Jeder darf es wissen: Ich bin wahrscheinlich sogar der am meisten Befangene unter allen Rebell-und Roman-Fans! Die Story:
Im Jahr 2010 – die 120er Dreiachser gab es damals mangels Bauvorschrift nur theoretisch – überredete des umtriebige „Nordlicht“ Siegfried Lanitz den öffentlichkeitsscheuen „Schwaben-Tüftler“ Roman Weller dazu, seinen offenen „Uli“ mit Lanitz – Oratex zu bespannen und dann bei Ihm auf dem großen AERO -Messestand auszustellen.
Uli V1: Der Vater des Uli V3 „Rebell“
Roman Weller hatte die Rechte an der Uli-Konstruktion schon vor längerer Zeit von Egon Scheibe gekauft und das Gerät für die erwartete 120er-Klasse abgespeckt. Dabei hatte er auch eine neue, einfachere und unkritische Fläche konstruiert. Eine unwichtige Historie für heutige Rebell-Interessenten? Nicht wirklich: Die „Gene“ der Stahlkonstruktionenen von Egon Scheibe sind Roman Weller ins Blut gegangen und bis heute in den Rümpfen aller Ulis auf den ersten Blick erkennbar. Typischer O-Ton beim Reinschauen: „Mööönsch! Das sieht ja genau aus wie in einem Scheibe SF 25 Falken!“. Stimmt. Und für Roman, den begnadeten Schweißer, ist natürlich nur solider Stahl das Material der Wahl.
Das Schicksal wollte es, dass ich auf der Messe über den offenen Uli stolperte und ihn mir, wie Roman das nannte, „anzog“. Will sagen, ich setzte mich hinein. Das wars: In Sekunden trennte ich mich innerlich von meiner damaligen Rans S7 Courier. Und da ich spürte, dass Roman ein durch und durch seriöser, gewissenhafter Anbieter ist, nötigte ich ihn, da er sich zierte, mit mir sofort einen Kaufvertrag aufzusetzen. So flog ich den ersten „120er“. Und fand die Leichtigkeit der neuen Klasse einfach klasse!
Trotz aller Begeisterung saß ich aber schon bald Roman mit der Bitte im Genick, einen richtigen kleinen Spornradflieger mit Zugpropeller und mehr Wetterschutz zu bauen. Nach einiger Zeit kam seine Frage zurück, ob „so etwas“ wie sein früher gebauter, größerer Rebell vielleicht interessant wäre. Siehe Foto. Diese Form könne er nach seinen überschlägigen Berechnungen mit den Flächen, dem Pendelruder-Leitwerk, dem Viertakter B+S und dem Fahrwerk meines Uli innerhalb des 120 kg – Limits bauen. Die Neukonstruktion betraf also in erster Linie den Rumpf und die Motoraufhängung. Die Flächen würden so weit gekürzt, dass die 55 km/h Vmin der zu erwartenden Bauvorschrift ohne Klappen gesichert blieben.
Ich war natürlich Feuer und Flamme und versicherte Ihm, dass dieser Flieger etliche Freunde finden würde. Zum Beweis, dass ich das nicht nur daherrede, und damit er tatsächlich den Entschluss zum Bau fasst, bestellte ich bei ihm kurzerhand die Baunummer 1. Ich wollte einen größeren Batzen anzahlen und einen Vertrag zu seinen Gunsten ohne Rücktrittsrecht für mich machen. Aber er roch natürlich sofort den Braten, dass er dadurch in der Pflicht wäre – was er gar nicht mag. Statt Vertrag bekam ich bald eine erste Skizze, welche die Proportionen des späteren Prototypen schon sehr genau traf.
Auch mit Blick auf den neuen Flieger hatte Roman Weller noch immer nichts übrig für Werbung, Marketing und teure Messe-Präsenz auf der AERO (Das hat sich auch bis heute nicht geändert). Aber unser damals neu gegründeter 120 kg Motor – Verband
VMLL (Heute DVLL zusammen mit den 120 kg – Segelfliegern), organisierte einen recht großen Gemeinschaftsstand, auf dem die kleinen Flieger Flagge zeigen sollten. Ich bettelte, und Roman erlaubte mir, „meinen“ noch nicht ganz fertigen Rebell-Prototypen auf meine Kosten auszustellen. Er sorgte für Transport, Auf- und Abbau. Und am Abend vor dem ersten Messetag kam er mit dem in letzter Sekunde bespannten Prototyp auf den Stand. Das Echo war sehr positiv. Der Nachweis, dass man einen richtigen kleinen Parasol- Flieger im Stil der Zwanziger Jahre in die 120 kg – Klasse hinein konstruieren konnte, war für viele motivierend, um sich für die kleine neue Klasse zu interessieren und auch in dem neuen Verband unterstützend beizutreten.
Das Weller-Monopol: Echte „Leichte Luftsportgeräte“ mit Prüfung nach der speziellen LL – Bauvorschrift LTF-L
Derweil tickte die Uhr für eine Lufttüchtigkeitsprüfung des Fliegers entsprechend der inzwischen gültigen Bauvorschrift für Leichte Luftsportgeräte, kurz LTF-L. Denn nur bis Ende des Jahres 2013 durfte das Luftsportgeräte-Büro des DAeC diese Prüfung abnehmen. Danach forderte das neu verabschiedete Luftrecht zertifizierte Prüfstellen durch die DAkkS – (Deutsche Akkreditierungs-Stelle Berlin).
Nur die sorgfältig vorbereitetete „Flugzeugmanufaktur“ von Roman Weller schaffte es mit unglaublichem Zeit- und Energie-Einsatz als einziger Hersteller, alle Nachweise entsprechend der sehr anspruchsvollen Bauvorschrift termingerecht zu erbringen. Und da es niemals eine zertifizierte Prüfstelle für LL-Dreiachser geben wird, weil die für die Einrichtung erforderlichen 80.000 Euro plus Zehntausende Euro an Folgekosten niemand bezahlen will und kann, werden die Ulis von Roman Weller, als da sind V1, V2 (abgestrebte Fläche wie Rebell) und Uli V3 Rebell, die einzigen Muster bleiben, die „original“ leichte Luftsportgeräte sind, wie das Ministerium es vorsah. Spitze Zungen sprechen daher bei den LL-Dreiachsern auch mal von der „Roman Weller -Klasse“. Denn alles, was seither als LL eingetragen wurde, fand und findet seinen Weg bekanntlich nur über eine „normale“ UL-Zulassung eines europäischen Landes. Die wird – nach langem, aber am Ende vergeblichem Sträuben des Ministeriums – ersatzweise als Voraussetzung anerkannt, den Flieger als LL eintragen zu lassen. Einzige Einschränkung: Das Gewicht muss im 120 kg -Limit bleibt. Die Forderung nach einer Vmin von 55 km/h und einer maximale Flächenbelastung von 25 kg / qm sind seither Makulatur, ebenso die Begrenzung des Tankinhalts.
Wie bei Monopoly: gehe zurück auf „Los“
Einfältig wie ich war, dachte ich, dass ich nun endlich, da die LL-„Zulassung“ erfolgreich durchlaufen war, meinen Rebell bekomme. Stattdessen erzählte Roman etwas davon, dass die Bespannung bei den Flugerprobungen unter den widrigen Bedingungen gelitten hätte und dass noch ein paar Kleinigkeiten zu machen seien. Sprach’s und begann, „meinen“ Flieger, an dem ich aber noch keinen Euro bezahlen durfte und über den ich daher auch keinerlei Verfügungsrecht hatte, nochmals komplett zu zerlegen.
Ich hätte es wissen müssen. Nur ein Kaufmann hätte mir den Prototypen hingestellt und Geld kassiert. Der Perfektionist und Ehrenmann Roman Weller wollte meiner Nummer 1 all die kleinen und größeren Änderungen und Verbesserungen angedeihen lassen, die ihm und seinen Mannen noch eingefallen waren und die sich aus der Flugerprobung heraus ergeben hatten. Das war eine ganze Menge. So saß ich dann erst im September 2014 glücklich in einem Flieger, den ich endlich bezahlen durfte und der mit dem Messe-Exponat nicht mehr vergleichbar war: Neue Cowling, neues Panel, kleinere Radkästen, neue, hydraulische Bremsanlage, verkleinerte Radschuhe, neu konstruierter Container für das Rettungssystem, Tankanzeige mit Schwimmer statt Schlauch am Panel und dutzende weiterer kleiner Verbesserungen und Veränderungen.
Nach der Auslieferung ist vor der Auslieferung
Zwei Jahre waren vergangen seit den ersten Entwürfen, und in großem Fleiß hatte die kleine „Flieger-Manufaktur“ fortlaufend auch im kleinsten Detail immer wieder Verbesserungen einfließen lassen oder auch Fehlerquellen in der zugekauften Peripherie oder beim Antrieb zu eliminieren.
Diese zugegeben etwas zu lang geratene Story soll jedem LL-Interessenten zeigen, wie langwierig und mühsam es ist, aus einem guten Flugzeugentwurf erst einen guten Prototypen und dann ein wirklich gutes Flugzeug zu machen. So dauerte es nochmals rund 2 Jahre, bis Roman Weller den heute gesicherten, gleichbleibenden Qualitätsstandard erreicht hatte. Dazu gehörten auch ein Wechsel des Tuners, ein
Wechsel des Rettungssystems und das „Outsourcen“ einiger Leistungen, die vorher intern erbracht worden waren. Die wunderbaren, aber technisch und im Herstellungsaufwand nicht optimalen Holzpropeller wurden durch – wieder viel Abstimmungsarbeit – sehr gut angepasste Helix-Propeller ersetzt. Weniger versierte und nicht so stark engagierte Hersteller werden für solche Reifeprozesse sicher ein bis zwei Jahre länger brauchen.
Der Rebell setzt heute für alle Mitbewerber in Sachen Qualität und Langzeiterprobung die Latte extrem hoch. Ralph L. hat auf seinem Exemplar inzwischen über 500 Stunden geflogen (Siehe die Blog-Beiträge vom 30 Juli und 8. Oktober 2017). Und als ich die Installation des Antriebs und die geänderte Motorhalterung am neu eingerüsteten B+S bei meinem Hallennachbarn sah, fand ich kaum noch Ähnlichkeiten zu meiner Baunummer 1. Kurz: Wer heute einen Rebell ordert, bekommt einen extrem ausgereiften und betriebssicheren Flieger. Was in der LL-Klasse leider immer noch die Ausnahme ist.
Der Rebell: Kultflieger mit Charakter und Stil
Zwei Eigenschaften des Rebell haben diesen Flieger wohl so erfolgreich gemacht, dass er schon längst im zweistelligen Bereich fliegt und die Produktion immer etwa ein Jahr im Voraus ausverkauft ist: Er ist authentisch. Und er wirkt der kleinen Klasse zum Trotz „erwachsen“.
Anders gesagt: Der Pilot ist mit ihm immer „gut angezogen“. Wo der kleine Vogel auftaucht, schlägt ihm immer eine Welle von Sympathie entgegen. Und manch gestandener Pilot mit tausenden von Stunden auf großen Maschinen schaut sehnsuchtsvoll und sagt „Das ist noch echtes Fliegen!“ Bei allen Emotionen bleibt der Rebell dabei aber auch eine „vernünftige“ Entscheidung. Wer etwas geschickt ist, kann diesen klassischen Parasol-Hochdecker auch aus dem Hänger heraus betreiben
Eigner Bernd B. z.B. stellt den offenen Hänger für wenige Euro in einer unbenutzten Scheune ab und trailert zum nahen Flugplatz. Den Aufbau schafft er in etwa 35 Minuten.
Roman Weller hat mit einem charaktervollen Low and Slow-Flieger vorgemacht, was in der kleinen Klasse mit guten Ideen, Liebe zum Detail und Ausdauer machbar ist. Es bleibt zu hoffen, dass im Lauf der Zeit der eine oder andere Hersteller diesem Beispiel mit einem erfolgreichen Muster folgen wird. Es stehen ja Anwärter in den Startlöchern. Aber das Ziel ist für die meisten noch weit.
Damit schließt sich erst einmal der Kreis der echten Hoffnungsträger bei den LL Motor-Dreiachsern. Der nächste Beitrag wird auf der Suche nach erfolgreichen 120 kg – Konzepten einmal über den Tellerrand der Dreiachser hinausschauen. 🙂