Die Pressestelle des niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr lässt die verdutzte Fliegergemeinde wissen: „Wirtschaftsminister Olaf Lies hat am Mittwoch, 27.07.2016 in Buxtehude einen Förderbescheid in Höhe von rund 374.000 Euro an das Unternehmen JH Aircrafts GmbH übergeben“. (Siehe Link unten)
Jetzt wissen wir endlich, warum JH / Jörg Hollmann auf der Aero beim LL- Vortrag von Dipl. Ing. Schneider lauthals „gestänkert“ hat und auch auf seiner Homepage unbeirrt behauptet, die Bauvorschrift LTF-L sei nach wie vor maßgeblich für motorisierte 120 kg –Dreiachser. Wenn man große Summen Fördergelder erwartet, um nach LTF-L einen Flieger zu bauen, der so schnell ist wie ein kleiner Flieger nach LTF-UL 2003, dann ist es nicht geschäftsfördernd, wenn man zugeben muss, dass die Bauvorschrift LTF-L nur noch Makulatur und absolut „tot“ ist. Allein deshalb schon, weil es keine Prüfstelle dafür gibt und auch in Zukunft nicht geben wird. Es sei denn, Jörg Hollmann macht beim niedersächsischen Ministerium nochmals knapp 100.000 € für die Einrichtung einer von der DAkkS abgenommenen Prüfstelle nach LTF-L locker.
Man mache sich das Ganze einmal in einfachen Worten klar: Da erlässt das Bundesministerium für Verkehr etc. ganz gezielt ein Gesetz, das die 120 kg Motor-Dreiachser durch riesige Flächen ganz bewusst fast so langsam und „harmlos“ macht wie die 120 kg – Trikes. Die in den Bauvorschriften LTF-L für motorisierte 120 kg – Dreiachser festgelegte maximale Flächenbelastung funktioniert als fest eingebaute, schwer zu umgehende Dauerbremse. Weil nun mal erklärter Wille des Gesetzgebers / Bundesministeriums war, dass nichts Schnelleres innerhalb der Klasse der „leichten Luftsportgeräte“ in die Luft soll.
Dann stellt sich freilich heraus, dass in einem Nebensatz eben dieses „Bremsen-Gesetzes“ im Rahmen und im Namen der europäischen Einheit alle europäischen UL-Zulassungen anerkannt werden – obwohl die natürlich ohne die speziell deutsche LL- „Bremse“ auskommen. Das jahrelange Streiten, Gesetze- und Bauvorschriften-Basteln war also „für die Katz“.
Und nun kommt ein Landesministerium und gibt 374.000 € Steuergelder dafür aus, dass durch den Einsatz modernster Konstruktions- und Fertigungstechnologien ein LL trotz eingebauter Bremse nach LTF-L so schnell fliegen kann, wie es das Bundesministerium mit der Bremse verhindern wollte. Und das alles, obwohl es die Bremse – de facto – schon längst nicht mehr gibt.
In einfachen Worten: Mit mit viel „Kohle“ in Form von Steuergeldern und Baumaterial wird der Hollmann-Corsair nach LTF-L in High-End-Technologie mühsam so leistungsfähig gemacht, wie es eine preiswerte Sperrholz-SD-1 nach LTF-UL 2003 schon längst ist.
Doch blicken wir über diesen Tellerrand mal hinaus: Die neu zu entwickelnden Bauweisen und Materialien können in einem zweiten Schritt für kleine 120 kg – Einsitzer entsprechend LTF-UL 2003 genutzt werden. Dann ist der damalige Alptraum des Bundesministeriums endlich Wirklichkeit: Ohne verpflichtende Jahresnachprüfung der Geräte und ohne Medical-Pflicht sausen kleine Einsitzer mit 250 km/h Reisegeschwindigkeit, aber ohne Kennzeichen quer durch Deutschland. Da kann man dann wahrscheinlich die Uhr danach stellen, wann der Gesetzgeber endgültig und erfolgreicher einen Riegel davor schiebt. Und wahrscheinlich auch gleich alle diejenigen mit bestraft, die ganz einfach und ohne Leistungswahn mit einem bescheidenen Flieger, dafür aber in herrlicher Selbstverantwortung das ursprüngliche Fliegen genießen wollen.
Niedersachsen fördert neuartiges Leichtflugzeug | Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkeh