Die Verbände vermelden auf ihren Internet-Seiten noch nichts über die veränderte Situation bei der Zulassung von Leichten Luftsportgeräten. Inzwischen liegt dem VMLL nach der bereits telefonischen gegebenen Erklärung diese schriftliche Bestätigung des Ministeriums vor :
„Aus rechtlicher Sicht ist es nach der Verordnung nicht ausgeschlossen beziehungsweise nicht ausdrücklich untersagt, Gerät, das keiner Musterzulassung “bedarf“, gleichwohl als Muster zuzulassen. Für dieses musterzugelassenes Gerät gelten dann die Vorgaben der LuftGerPV für nichtmusterzulassungspflichtiges Luftsportgerät als ersetzt, denn die Musterzulassung ist – wie die Regelung in § 11 Absatz 4 LuftGerPV deutlich macht- grundsätzlich als höherwertig anzusehen. Sie gilt insbesondere als Nachweis für die durchgeführte Musterprüfung.“
Bei einer deutschen UL-Zulassung haben wir haben daher diese Situation:
Ein nach LTF-UL 2003 musterzugelassenes Gerät kann als LL eingetragen werden, wenn es – als einzige zusätzliche Forderung – die 120 kg – Grenze des Leergewichts einhält. In Klammern zum Vergleich die Werte für ein LL entsprechend der Bauvorschrift LTF-L, für die es aber keine Prüfstelle gibt.
- Mindestgeschwindigkeit bis max. 65 km/h (55 km/h)
- MTOW bis 300 kg für Einsitzer, mit Rettung 315 kg (260 kg)
- Beliebige Flächenbelastung (max. 25 kg / qm)
- Beliebiges Tankvolumen (25 Liter)
- MTOW 450 kg / 472,5 kg bei zweisitzigen Modellen, die bei LL grundsätzlich zulässig sind (Die LTF-L schränkt ein auf einsitzig). Dies ist freilich eher theoretischer Natur, da es nach heutigem Stand der Technik sehr schwer sein wird, einen Zweisitzer mit 120 kg Leergewicht inklusive Gurtzeug und Rettung zu konstruieren, wie das bei Trikes erfolgreich vorgemacht wurde. (In der LL – Dreiachs-Lizenz des Verfassers ist jedenfalls der Vermerk der Passagierberechtigung aus der normalen UL-Lizenz übernommen worden, was nun eine völlig neue Bedeutung bekommt!).
Bei einer europäischen UL-Zulassung erweitern sich diese Freiheitsgrade nochmals ganz beträchtlich:
- Das Leergewicht wird ohne Rettung bestimmt.
Bei allen europäischen Zulassungen mit Ausnahme Deutschlands ist das Rettungssystem nicht vorgeschrieben. Geräte mit 120 kg Leergewicht ohne Rettung erhalten daher eine UL-Zulassung, welche in Deutschland entsprechend § 11 LuftGerPV Abs. 4 „unmittelbar“ , d.h. auch bei fehlender Rettung anerkannt wird. Das Schafft den Konstrukteuren einen zusätzlichen Spielraum. Und wer eine Rettung will, kann sie zusätzlich als pilotenbezogene Ausstattung mitführen, da sie ohne Schwierigkeiten wieder rückgerüstet / entfernt werden kann.
- Die Zulassung wird ohne Lärmzeugnis erteilt.
Hier sind wenige Probleme zu vermuten. Flieger mit Lärmzeugnis bekommen auf fast allen Plätzen so entscheidende Vorteile eingeräumt, dass wohl kaum ein Hersteller auf diese Mühe verzichten will. Auch wenn es nach § 11 LuftGerPV Abs. 4 nicht eingefordert werden kann.
- Zweimotorige UL sind als LL eintragbar.
In Frankreich bekommen auch zweimotorige Geräte wie die CriCri eine UL-Zulassung, die ebenfalls nach § 11 LuftGerPV Abs. 4 bei uns „unmittelbar“ gültig ist. Was auf den ersten Blick wie ein Witz klingt. Aber: Der größte Unsicherheitsfaktor der LL-Flieger
liegt in den relativ wenig erprobten Antrieben, die im Vergleich zu dem Rotax 912 – Standard der ULs ein viel höheres Ausfall-Risiko haben.
Zwei von den extrem leichten und leistungsfähigen, in großer Stückzahl bewährten sehr kleinen Motorschirm-Antrieben wiegen etwa so viel wie der gängige LL-Antrieb von Briggs + Stratton.
Und einer davon reicht wohl aus, um das Gerät in der Luft zu halten oder um zumindest im sehr gestreckten Sinkflug den nächsten Platz zu erreichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Antriebe gleichzeitig ausfallen, dürfte annähend so gering sein wie das Ausfallrisiko bei den großen UL.
Aber, siehe Anmerkung unten, das ist nur ein theoretischer, witziger Nebenaspekt abseits der gegebenen Realität. Wichtig ist Erhöhung des für die Struktur des Fliegers zur Verfügung stehende Leergewicht.
Das Schweigen der beauftragten Verbände.
Die zuständigen Mitarbeiter des Ministeriums haben in der Tat Wichtigeres zu tun, als sich um die Probleme der kleinen LL-Dreiachser zu kümmern. So ist es gut möglich, dass man dort die oben aufgeführte juristischen Interpretation des § 11 LuftGerPV Abs. 4 noch nicht zur Gänze in allen Konsequenzen überschaut hat.
Bei unseren beauftragten Verbänden DAeC und DULV sieht das bestimmt anders aus. Manche der implizierten Konsequenzen dürften dort aber recht sauer aufstoßen. Welcher LL-Konstrukteur will wohl in Zukunft auf die dringend benötigten 7-10 kg zusätzliches Gewicht für die Konstruktion der Zelle verzichten – ein Plus von über 10 Prozent? Wer wollte dann noch die dazu erheblich teurere Musterzulassung nach LTF-UL 2003 in Deutschland durchführen? Die Hoffnung, dass sich das LL – Zulassungsgeschäft durch die Anerkennung der deutschen UL-Zulassung wieder zu DULV und DAeC holen lässt, wird so wohl nicht erfüllt werden.
Die Frage heißt: Wird – was leider naheliegt – die französische Zulassung mit Gewichts-Bonus irgendwie durch neue, kreative Interpretationsideen der Gesetze ausgehebelt? Oder findet man einen Weg, dass bei der deutschen Zulassung nach LTF-UL die Rettung als Bonus aufs Leergewicht von 120 kg hinzugerechnet werden darf? Das könnte so ähnlich sein wie das MTOW in England bei den SSDR -Einsitzern, das von 300 auf 315 kg erhöht wird, wenn man freiwillig eine Rettung einbaut.
Wie auch immer. 2016 wir für die LL – Dreiachser ein spannendes Jahr.
Anmerkung, redigiert am 24.01.16: Ein Franzose mit Wohnsitz in Reunion schrieb mir in einem Forum zu den französischen 2-Mot-Uls: „Es gibt einige wenige die vor längerer Zeit gebaut wurden und aus Bestandsrecht noch fliegen dürfen wie der Mistral Push-Pull. Vom Cri-Cri wurde gerade mal ein einziges Exemplar nach sehr aufwendigen Modifikationen als Ul zugelassen.“ Die Wahrscheinlichkeit ist also extrem klein, dass jemand ein entsprechendes Gerät importieren und hier als LL eintragen lassen könnte.