Wer miterlebt, wie Konstrukteure und Flugzeugbauer penibel mit jedem Gramm geizen, um einen „richtigen“ Motor- Dreiachser innerhalb des 120 kg – Limits zu realisieren, kann es auf den ersten Blick kaum glauben: Im Rahmen der Belastungstests für die Zulassung wurde schwarz auf weiß dokumentiert: Der Ganzmetall – Tiefdecker Hummel Ultracruiser passt auch dann gewichtsmäßig in die LL-Klasse, wenn er mit dem rund 40 kg schweren „halben“ VW Boxer ausgerüstet ist.
Und dies ganz offensichtlich, ohne dass an der Festigkeit der Konstruktion zu viel gespart wurde. Die wenigen, geringfügigen Mängel, die bei den Belastungstests festgestellt wurden, lassen sich durch einfache Nacharbeiten, die nur ein geringes Mehrgewicht bedeuten, problemlos beseitigen. Wie kann das sein?
Ein ideales „Konstruktions-Rezept“ zur Gewichtsoptimierung
Dipl. Ing. Peter Schneider, unter dessen Regie und Aufsicht die Tests und Messungen durchgeführt wurden, nennt diese Gründe: Da ist vor allem das Basis-Konzept – kurzer und nicht zu hoher Rumpf (wenig Oberfläche, weniger Blechgewicht), der überall gewölbt
und damit „von Haus aus“ besonders beulsteif ist. Dies in Verbindung mit einer relativ geringen Spannweite mit einem hohem Profil, das vergleichsweise leichte Holme zulässt.
Und drittens sitzt ein Tiefdecker direkt auf dem Flügelholm; bei einem Schulter- oder Hochdecker müssen sämtliche Kräfte zunächst durch den Rumpf geleitet werden, was nur mit Mehrgewicht realisierbar ist. Nicht zuletzt wurde konsequent ein Spornradfahrwerk gewählt, das immer etliche Kilos Gewichtsvorteil gegenüber einem zusätzlichen Bugrad bringt.
Dazu Intelligente Detaillösungen
Hinzu kommen beim Ultracruiser dann noch vier weitere gewichtssparende Besonderheiten. Erstens: Die Flügelanschluss-Stellen sitzen weit außerhalb des Rumpfes.
Das ergibt geringere Hebelkräfte und ermöglicht dadurch kleinere Bolzen / Kegelstifte und dünnere Holmgurtprofile an den Flügeltrennstellen. Zweitens: Das Fahrwerk ist ungefedert und hängt direkt am Holm. Es benötigt keine zusätzliche steife und gewichtige Rumpfdurchdringung. Drittens: Der Tragegurt des Rettungssystems wird außen am Rumpf auf beiden Seiten zum Holm geführt. Der ist an dieser Stelle von Haus aus durch einen Steg verstärkt und kann problemlos einseitig den kompletten Entfaltungsstoß aufnehmen. Viertens: Das eingesetzte Flächenprofil hat einen relativ kleinen Momenten-Beiwert und kommt deshalb mit einer kleineren Höhenruder-Flache zurecht. Mehr zum Flieger: Metalwings GmbH www.ultracruiser120.de
Neues Video: https://ultraleicht120.de/wp-admin/post.php?post=2019&action=edit Dan Johnson im Gespräch mit Terry Hallet, dem Geschäftsführer von www.flyhummel.com Es werden auch die deutsche 120 kg – Klasse und der Belastungstest erwähnt. Sehr schöne Sequenzen von startenden und landenden Ultracruisern.
LL-Problem: Nicht jeder will einen Spornrad-Tiefdecker
So gut das „Ultracruiser-Rezept“ auch funktioniert, nicht allen Piloten schmeckt ein – noch dazu recht kurzer – Taildragger. Und gerade zum beschaulichen Luftwandern, der Domäne der LL-Dreiachser, ist für etliche Interessenten nur die Sicht aus einem Schulter- oder Hochdecker erste Wahl.
Aber sobald ein etwas länger gestreckter Flügel als Schulterdecker über einem etwas längeren Rumpf sitzt, ist ein 40 kg – Antrieb total außen vor. Der Relax von Roland Aircraft muss, um einen Zweitakter zu vermeiden, trotz Spornrad-Konzept auf einen leichten Viertakt-Wankel ausweichen, der heute eine Art Monopolstellung bei LL genießt, wenn keine 30 bis 35 kg für den Antrieb zur Verfügung stehen. Und bei Motorseglern mit Bugradfahrwerk, wie dem Song oder Elf, muss schon zu teuerstem High-Tech-Material gegriffen werden, um den Flieger innerhalb des Limits überhaupt als LL in die Luft zu bekommen – mit einem leichten Zweitakter von den Motorschirm-Kollegen.
Auch wenn es technisch nicht unbedingt gerechtfertigt ist: Wie bei kleinen Sportbooten wird der Zweitakter heute wegen Geruch und Klang von der großen Mehrheit der Bevölkerung in die Schmuddelecke gestellt. Ohne den primären Einsatz von Viertaktern wird es der LL-Klasse langfristig nicht möglich sein, bei Piloten und Anrainern die nötige Akzeptanz zu gewinnen.
Immerhin – die Bauvorschrift bietet etwas Spielraum.
Entscheidend für die Zulassung als LL ist eine geprüfte Version, welche die Bauvorschrift erfüllt und danach lufttüchtig ist („Zustand des Luftsportgerätes zur Zeit der Bestimmung der Leermasse“). Die Bauvorschrift schreibt aber nicht vor, wie komfortabel und schön gestaltet ein LL sein muss. Manch einer fliegt mit einem Integralhelm und braucht nur eine winzige oder gar keine Windschutzscheibe. Oder findet es toll, wenn er seinen Flieger per Handstart zum Leben erwecken darf. Aber etliche wollen eine Scheibe, einen E-Starter oder z.B. eine dickere Bereifung, weil sie auf ungepflegten Pisten unterwegs sind. All das ist kein Problem: Die spartanisch, aber nach Bauvorschrift ausreichend und lufttüchtig ausgestattete Version der Prüfung darf vom Eigner nach Gusto komfortabler, praktischer oder schöner gemacht werden, wenn er zwei Bedingungen einhält:
- „Der Zustand des Luftsportgerätes zur Zeit der Bestimmung der Leermasse muss genau definiert und ohne Schwierigkeiten wieder herstellbar sein.“ (LTF-L § 29, (b) / Leermasse, gleichlautend LTF-UL § 29 Abs. (2).
- Das MTOW, das bei LL-Dreiachsern bis zu 260 kg betragen kann, darf mit Pilot und Sprit und Gepäck nicht überschritten werden. Nicht zuletzt muss auch der Schwerpunktbereich eingehalten werden.
Man braucht also eine Liste, in der neben dem Leergewicht des geprüften Gerätes die Gewichte der zusätzlichen, bei Bedarf ohne Schwierigkeiten rückrüstbaren Ausrüstung aufaddiert werden und die Klarheit über die verbleibende Zuladung gibt.
Nimmt man für den Piloten 100 kg und für den Sprit 17 kg an, kann ein zusätzlich ausgerüsteter LL-Dreiachser mit (nur) 250 kg MTOW durchaus 130 kg auf die Waage bringen. Dann ist immer noch Raum für 3 kg Gepäck. Bei einem Gerät mit 260 kg MTOW könnten dann sogar noch 13 kg dazugeladen werden. Die Reserven bis zum Überschreiten der zulässigen Abflugmasse sind also immer noch größer als bei „großen“ UL.
„Auf Kante nähen“ ist immer schlecht.
Bei dem Streit um die Bauvorschriften ging es vor Jahren um die Leistungsbegrenzungen. Das 120 kg – Limit „inklusive Rettung und Gurtzeug“ wurde von keiner Seite in Frage gestellt.
Aus heutiger Sicht ist klar, dass mit vertretbarem Kostenaufwand die vom Markt am meisten nachgefragten Konfigurationen (speziell Schulterdecker mit Bugradfahrwerk) nicht innerhalb des 120 kg -Limits darstellbar sind. Auch wenn die oben genannten Spielräume ausgeschöpft werden. Ganz zu schweigen von anrainerverträglichen und auch in der Regel zuverlässigeren Viertaktmotoren.
Mit einer kleinen Umformulierung des Gesetzes könnte diese Hürde genommen werden: Wenn bei Dreiachsern die Formulierung „inklusive Rettung und Gurtzeug“ entfiele bzw. dieser Gerätegruppe ein Bonus von 10 kg für die Rettung gewährt würde. Dann hätte die LL Klasse das, was es technisch braucht, um attraktive kleine Flieger zu produzieren, die von einer sehr viel größeren Zielgruppe nachgefragt werden.