Bedeutungswandel „Luftsportgerät“ versus „Ultraleichtflugzeug“.

Gesetze waren schon immer – aus Sicht von Otto Normalverbraucher – für eine mehr oder weniger babylonische Sprachverwirrung gut. Der schleichende Wandel im Gebrauch des Begriffs „Ultraleichtflugzeug“ hat jedoch eine Methode, über die man als Pilot eines UL oder LL Bescheid wissen sollte:

Früher war „Ultraleichtflugzeug“ die umgangssprachliche Variante für den sperrigen Begriff „Luftsportgerät“ aus dem Sprachschatz der Behörden. Das ist mittlerweile Geschichte. Ein Beispiel: In § 42 der LuftPersV (Fachliche Voraussetzungen zum Erwerb des Luftfahrerscheins) werden die beiden Begriffe ganz gezielt mit unterschiedlicher Bedeutung zur Differenzierung  von zwei recht verschiednen Gruppen von Luftfahrzeugen eingesetzt:

1) Absatz 4 und 5: „Die Ausbildung von Führern für aerodynamisch gesteuerte Ultraleichtflugzeuge nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 der Luftverkehrs- Zulassungs-Ordnung und „Die Ausbildung von Führern für schwerkraftgesteuerte Ultraleichtflugzeuge nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 der Luftverkehrs- Zulassungs-Ordnung

2) Dann aber Absatz 6: „Die Ausbildung von Führern für Luftsportgeräte nach § 1 Abs. 4 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung“ (120 kg Klasse)

Das ist der Status: „Luftsportgerät“ hat als Oberbegriff in den Gesetzestexten  weiterhin Bestand. Als eigenständige 1. Untergruppen gibt es es aber:

  • „Ultraleichtflugzeuge“ (bis 472 kg MTOW), gewichtskraft- und aerodynamisch gesteuert.

Für diese Flieger besteht eine umfangreiche, detaillierte Regulierung direkt durch die bestehenden Gesetze:

  1. Verkehrszulassung
  2. Medical (jetzt wie LAPL statt Klasse 2)
  3. Kennzeichen
  4. Jährliche Pflicht-Nachprüfung des Gerätes
  5. Detaillierte Mindestzeiten- und Streckenvorgaben bei der Ausbildung (z. B. Dreiachser 30 h, gewichtskraftgesteuert 25 h),
  6. Detaillierte Mindestvorgaben zum Nachweis der „fliegerische Übung“ (12 h / 12 Starts in 24 Monaten), Übungsflug mit Fluglehrer innerhalb 24 Monaten

Wichtig: Diese Regulierungen stehen im Gesetz völlig unabhängig von den Vorschriften, welche die beauftragten Verbände zur Detail-Umsetzung erlassen dürfen.

Die zweite Untergruppe ist völlig anders aufgestellt:

  • „Luftsportgeräte nach § 1 Abs. 4 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung“.

Gemeint sind alle sogenannten „Leichten Luftsportgeräte“ bzw. die „120 kg – Klasse“, die alles vom nicht motorisierten Hängegleiter bis zum „flugzeugähnlichen“ motorisierten Dreiachser umfasst. Die größte Gemeinsamkeit mit den Ultraleichtflugzeugen: Statt Musterzulassung fordert das Gesetz eine technisch weitgehend vergleichbare Musterprüfung.

Ansonsten jedoch besteht für diese Geräte weitestgehende Deregulierung: Alle Positionen 2. bis 6., für die es bei den ULs detaillierte Gesetze gibt, werden bei den „Leichten Luftsportgeräten“ durch die 120 kg – Leitidee geregelt: „Weniger Bürokratie – mehr Eigenverantwortung“.

Auch der LL-Pilot muss ebenso wie sein Gerät flugtauglich sein. Der Gestzgeber schreibt aber nur das Ergebnis vor, eben die Flugtauglichkeit. Der Pilot / Halter steht eigenverantwortlich dafür gerade. Nur auf den regelmäßigen Nachweis durch dritte Institutionen (Fliegerärzte, Prüfer) wird verzichtet.

Dito Ausbildung: Auch hier wird für alle LL einheitlich und ohne Stundenvorgabe etc. nur das Ergebnis festgelegt, nämlich „die Beherschung des Gerätes“. Wie viele Stunden oder Starts nötig sind, um für die praktische Prüfung zugelassen zu werden, zeigt sich indivuduell nach Begabung und Lernfortschritt des Schülers. Der Fluglehrer entscheidet in eigener Verantwortung, wann der Kandidat fit ist – der muss das ja dann auch noch vor dem Prüfer beweisen.

Ebenso wird das Prinzip der Egenverantwortung bei der Vorschrift umgesetzt, dass der Pilot ausreichende „fliegerische Übung“ besitzen muss. Als Ergebnis und ohne Vorgabe von X Stunden oder Starts. Schließlich ist mancher mit der Hälfte an Starts / Stunden sichtbar fit, während andere mit doppelt so vielen Stundennachweisen zeigen, dass sie noch weitere Übungen benötigen.

Hierbei allerdings gibt der Gesetzgeber die Umsetzung dieser Vorschrift in die Hände der beauftragten Verbände. Die könnten nun theoretisch noch  päpstlicher als der Papst sein und wie bei den UL feste Stunden etc vorschreiben.

Vorbild muss aber wohl der Deutsche Hängegleiterverband sein, der die Aufgabe im Sinne des Gesetzes unbürokratisch und mit gesundem Menschenverstand gelöst hat: So lange sich ein Pilot nicht auffällig verhält, wird von ausreichender „fliegerischer Übung“ ausgegangen. Fällst er jedoch auf, weil er sein Gerät oder die Regeln nicht beherrscht, kann der Verband eine Nachschulung anordnen. Ganz egal, wie viele Starts / Stunden im Flugbuch stehen. Denn so will es der Gestzgeber bei den LL: Das Ergebnis zählt! Siehe dazu auch Kommentar in „Flügel – das Magazin“:

Seite 3 Flügel Dezember 2014

Fazit:

Die Betonung bei „Ultraleichtflugzeug“ lieg inzwischen eindeutig bei „Flugzeug“. Die inhaltliche Nähe zu den durchregulierten europäischen „Light Sport Aircraft“ (LSA) kommt so auch sprachlich zum Ausdruck. Ohnehin ist die EASA ja gerade dabei, unter dem Kriterium „Risikopotenzial“ die komplexen High-End-UL aus dem national geregelten Annex II herauszulösen und wie die LSA unter europäische Regelungen zu stellen.

Die Betonung bei „Luftsportgerät“ liegt eindeutig bei „Sportgerät“. Die motorisierten LL – Dreiachser stehen nun in der neu formulierten und am 7.11.14 nun auch im Bundestag verabschiedeten LuftPersV als zuletzt hinzugefügte Geräteart mit allen anderen LL in einer Linie, die bei den nicht motorisierten Hängegleitern beginnt: Sie runden das Spektrum als eindeutig leistungsfähigste LL – Geräteart nach oben ab, auch wenn sie mit den per Bauvorschrift gegebenen Leistungsbeschränkungen, welche die Eingliederung in die LL-Reihe ja erst möglich gemacht haben, nicht alles können, was technisch machbar wäre.

Dafür genießen sie ein Maß an Freiheit in weitestgehender Eigenverantwortung, das man sich für deutsche Verhältnisse vor einigen Jahren bei einem Motor-Dreiachser noch nicht einmal im Traum vorstellen konnte.