Der VMLL hatte dem Ministerium BMVBS den Vorschlag eingereicht: Auch deutsche Hersteller sollten wie alle anderen europäischen Anbieter die „normale“ UL-Zulassung nutzen können, um ihr Gerät wie ein LL in Deutschland in den Markt bringen zu können, wenn sie nur noch zusätzlich die „Eckwerte“ der 120 kg – Klasse entsprechend § LTF-L3 nachweisen.
Aus juristischen Gründen wurde dieser Vorschlag abgelehnt. Dennoch können auch die deutschen Hersteller über den „Europa-Weg“ ihre 120 kg – Dreiachser so einfach, schnell und kostengünstig wie die anderen europäischen Hersteller in den deutschen Markt bringen.
Zum besseren Verständnis ein Rückblick:
Im neu formulierten § 11 LuftGerPV, der seit Frühjahr 2013 die Lufttüchtigkeitsprüfung nicht musterzulassungspflichtiger Geräte regelt (120 kg – Klasse), ist in Abs. 4 festgelegt:
„Muster- oder Gerätezulassungen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind unmittelbar gültig und ersetzen die Prüfungen nach den Absätzen 1 und 2.“
Für Motorschirme und Trikes besteht seither die Alternative, entweder eine Musterprüfung in Deutschland durchführen zu lassen (Seit Januar 2014 nur noch über eine DAkkS – zertifizierte Prüfstelle) oder die – oftmals schon vorhandene – Zulassung eines europäischen Partnerlandes zu nutzen.
Für motorisierte Dreiachser war jedoch das Verfahren unklar, da die Bauvorschriften LTF-L eine eigene Gerätekategorie definieren, die es nur in Deutschland gibt.
Um den möglichst freien innereuropäischen Warenaustausch auch bei dieser Gerätekategorie zu ermöglichen, hat das Ministerium (BMVBS) verfügt, dass europäische UL – Zulassungen anerkannt werden, sofern zusätzlich die wesentlichen Eckdaten der 120 kg- Motor-Dreiachser aus § LTF-L3 nachgewiesen werden. Das sind jeweils maximal: 120 kg Leergewicht, 25 kg / qm Flächenbelastung bei MTOW, Vmin 55 km/h, 25 Liter Tankvolumen, 260 kg MTOW , einsitzig.
In erweiterter Anwendung dieser einfachen, pragmatischen Vorgehensweise versuchte der VMLL beim Ministerium geltend zu machen, dass auch eine deutsche Zertifizierung nach LTF-UL oder der älteren BFU in Verbindung mit dem Nachweis der Eckwerte aus § LTF-L3 anzuerkennen sei. Denn schließlich ist ja auch Deutschland ein europäisches Land entsprechend der Regelung nach § 11 Abs. 4. Diese Interpretation konnte das Ministerium jedoch nicht nachvollziehen und erteilte einen abschlägigen Bescheid.
Die Alternative: „Ausflaggen“ ist legal und dazu viel kostengünstiger
Trotz der Ablehnung des VMLL- Vorschlags sieht das Ministerium durchaus die Notwendigkeit einer pragmatischen Lösung, zumal es momentan überhaupt keine Prüfstelle für eine Musterprüfung nach LTF-L gibt und auch zumindest noch für einige Zeit nicht geben wird. Das Ministerium verweist daher darauf, dass es völlig legal ist, wenn ein deutscher Hersteller sein Produkt im europäischen Ausland zulässt und mit dem ergänzenden Nachweis entsprechend § LTF-L in den deutschen Markt bringt. Das Gerät darf dann WIE ein Leichtes Luftsportgerät mit der „kleinen“ Lizenz und allen Erleichterungen der Deregulierung betrieben werden.
Auch die Behörde sieht die wirtschaftliche Problematik:
Im Gegensatz zu dem „Mengenmarkt“ der Motorschirme ist bei den sehr kleinen Stückzahlen der Dreiachser kaum eine Amortisierung der rund 40.000 Euro – Investition für die Einrichtung einer DAkkS-zertifizierten Prüfstelle zu erwarten. Und würden diese Vorlauf – Kosten zusätzlich zu den eigentlichen, ebenfalls verteuerten Prüfungskosten auf die kleinen Stückzahlen umgelegt, müsste der Hersteller die Preise deutlich erhöhen. Das wäre ein unzumutbarer Wettbewerbsnachteil gegenüber den Anbietern, die eine sehr viel günstigere europäische Zulassung nutzen.
Zur Zeit ist noch völlig unklar, wann oder ob überhaupt die laufende Akkreditierung einer Prüfstelle im Verbund von DAeC, VMLL und DULSV wegen der jüngst eingetretenen Kostensteigerungen abgeschlossen werden können. Und auch der DULV will sich dem Vernehmen nach zunächst nur auf die Einrichtung einer Prüfstelle für gewichtskraftgesteuerte Geräte konzentrieren. Und da 6 Geräte für die Prüfungen anstehen, ist dringender Bedarf an einer sofort realisierbaren Lösung:
Europa-Zulassungen mit hohem Sicherheits-Niveau
Tschechische UL – Zulassungen durch die LAA genießen schon lange das volle Vertrauen der deutschen Behörden und deren Beauftragten. Sie müssen seit Jahren nur um wenige fehlende Positionen ergänzt werden, um damit in Deutschland eine Zulassung nach LTF-UL durchführen zu lassen. In Verbindung mit den Nachweisen entsprechend LTF-L3 kommen daher Motorflieger der 120er-Klasse mit dem in Deutschland üblichen, sehr hohen Sicherheitsniveau in die Luft.
Doch auch eine Zulassung zum Beispiel in Frankreich muss keinerlei Einbuße in Sachen Sicherheit bedeuten. Dort kommt – genau wie im sehr sicherheitsbewussten England – bei den Lufttüchtigkeitsnachweisen das sogenannte „deklarative“ Verfahren zur Anwendung: Der Hersteller führt die Lufttüchtigkeitsprüfungen (rechnerische und / oder praktische Nachweise) selbst professionell mit entsprechender Dokumentation durch oder lässt sie durchführen. Die Dokumentation der Nachweise reicht er bei der Behörde mit dem Antrag auf Zulassung ein.
Nichts hindert einen Hersteller daran, egal ob aus Frankreich oder Deutschland, beim deklarativen Verfahren sämtliche sicherheitsrelevanten Prüfungen in eigener Regie und günstiger Kostengestaltung, aber dennoch auf „deutschem Niveau“ und mit professioneller Dokumentation durchzuführen zu lassen. Selbst wenn die jeweilige Landesbehörde / die für die Zulassung zuständige Stelle vielleicht auch mit etwas weniger zufrieden gewesen wäre. Das dürfte sich auch auszahlen: Die – schließlich professionell dokumentierten – Ergebnisse können dann als zugesicherte Produkteigenschaften zusammen mit den sonstigen Geräteunterlagen dem Käufer ausgehändigt werden. Der weiß dann, dass er in Fragen der Sicherheit nicht „zweite Klasse“ fliegt. Und dass ein derart in Frankreich zugelassener Flieger keineswegs nur für Hasardeure, sondern auch für die jungst zitierten, verantwortungsbewussten „Familienväter“ erste Wahl sein kann.
Möglich: Viel Sicherheit – wenig Bürokratie
Durchaus können – je nach Standpunkt – alle primär bürokratischen und weniger der Sicherheit dienenden Prüfinhalte der deutschen Musterprüfung nach LTF-L entfallen. Zwei schon „sprichwörtliche“ Beispiele unter vielen: Der verpflichtend in Schwarz / Gelb zu gestaltende Auslösegriff der Rettung statt in Rot wie bei LTF-UL. Oder die Erprobung der Trudelneigung, die für die Segelflieger gedacht ist und bei LTF-L auch von den reinen Motorfliegern mitgemacht werden muss. Die „großen“ UL kommen ja schließlich auch ohne diesen Aufwand aus, ohne dass jemand auf die Idee käme, deutsche UL-Zertifizierungen seien unsicher. So lässt sich ohne echte Abstriche am Sicherheitsniveau durch gezieltes Weglassen viel Aufwand, Zeit und Geld sparen. Da die Prüfungen transparent dokumentiert werden, kann letztlich der Käufer entscheiden, für welche Form der Sicherheit er Geld bezahlen will.
Die vielleicht wichtigste „Kostenbremse“: Die volle Verantwortung für die Lufttüchtigkeit des Fliegers bzw. die korrekte Durchführung der Nachweise trägt der Hersteller / Importeur oder der Amateurbauer selbst. Und nicht – wie bei deutschen Musterprüfungen – zu großen Teilen die Prüfstelle. Denn die will und muss sich die verantwortliche Überwachung und Kontrolle sämtlicher Nachweise sowie die dazu notwendige Bürokratie mit entsprechenden Gebühren teuer bezahlen lassen.
Rechtssicherheit für den Käufer
Das deklarative Verfahren durch den Hersteller kann für den Käufer / Piloten sogar mehr praktische Rechtssicherheit bedeuten als ein Stempel auf einer deutschen Prüfurkunde. Denn im Ernstfall hat immer der Hersteller die Richtigkeit der deklarierten / zugesicherten Werte bzw. die Lufttüchtigkeit des Gerätes vor Gericht nachzuweisen. Bei einer Prüfung durch eine offizielle Prüfstelle muss dagegen z. B. nach einem Geräteversagen oft erst einmal vor Gericht langwierig geklärt werden, in welchem Umfang die Prüfstelle, der Hersteller oder ein Prüfer als Einzel – Person für festgestellte Sicherheitsmängel verantwortlich ist. Da zeigt dann jeder mit dem Finger auf den anderen. Oder drei Finger zeigen auf den Piloten.
Amateurbauer „wie Gott in Frankreich“
Ein weiterer wichtiger Punkt: Will ein deutscher Amateurbauer bewusst auf „deutsche Standards“ verzichten, kann er nun genau wie seine französischen Amateurbau-Kollegen die Freiheit nutzen, nur das von der Behörde Geforderte plus das für ihn persönlich Wichtige nachzuweisen. Es gibt nun endlich keinerlei Grund mehr, neidvoll über die Grenze nach Frankreich zu schauen und über die engen Fesseln deutscher Reglements zu klagen!
Der VMLL als „Zulassungs-Scout“
Parallel zu der zwar weiterhin anvisierten, aber doch recht unsicheren DakkS-Akktreditierung engagiert sich der VMLL intensiv für die sofort realisierbaren und vor allem sehr viel kostengünstigeren Zulassungen im europäischen Umland. In Verbindung mit den simplen Nachweisen nach LTF-L3 sichern sie auch den deutschen Herstellern und Amateurbauern vollen und zugleich wirtschaftlichen Marktzugang in der 120 kg – Dreiachser-Klasse. Hierbei nimmt der VMLL natürlich selbst keine Prüfungen vor, aber er berät und zeigt die Wege auf.
Dokumentierte Sicherheit für die Käufer
Käufer in Deutschland bevorzugen in der Regel einen Sicherheitsnachweis – am besten in Form eines amtlichen „Stempels“. Daher wollen die Hersteller ihre Flieger mit einem sachlich gleichwertigen „Gütesiegel“ anbieten können, auch wenn keine Musterprüfung nach LTF-L erfolgte / mangels Prüfstelle erfolgen konnte. Der VMLL arbeitet an einer praktischen Lösung, wie die Hersteller einen besonders hohen, im deklarativen Verfahren nachgewiesenen Sicherheits-Standard gegenüber den Käufern zweifelsfrei dokumentieren können. Der Auftraggeber bestimmt beim deklarativen Verfahren den Prüfumfang, der freiwillig auch die kompletten LTF-L oder LTF-UL umfassen kann. Die Nachweise nach LTF-UL müssten dann – wie bei der tschechischen UL-Prüfung – eine sehr einfache zusätzliche Zulassung als normales UL in Deutschland ermöglichen. Ein Flieger könnte dann kostengünstig sowohl als musterzulassungsbefreites LL und – mit besserer Ausstattung / höherem Gewicht – auch als „normales“ UL angeboten werden.